Corpus of Electronic Texts Edition

Background details and bibliographic information

Heinrich Meidingers Briefe aus Irland

Author: Johann Heinrich Meidinger

File Description

Electronic edition compiled and proof corrections by Beatrix Färber

Funded by The School of History, University College, Cork

1. First draft, revised and corrected.

Extent of text: 7240 words

Publication

CELT: Corpus of Electronic Texts: a project of University College, Cork
College Road, Cork, Ireland—http://www.ucc.ie/celt

(2016)

Distributed by CELT online at University College, Cork, Ireland.
Text ID Number: D820000-002

Availability

The text is in the public domain.

Notes

Johann Heinrich Meidinger (1792–1867) was a merchant, geographer and travel writer from Frankfurt am Main. After training as a merchant in Frankfurt, Paris and London he travelled through France, England Scotland and Ireland, and studied geography and statistics privately, also publishing over a dozen books.

Sources

    Travel accounts and secondary literature
  1. G. Waterhouse, 'Goethe, Giesecke, and Dublin', PRIA 41 (1933) C, 210–218.
  2. Michael Quane, 'The Feinaiglian Institution, Dublin', Dublin Historical Record 19:2 (March 1964) 30–44.
  3. Andreas Oehlke: Irland in deutschen Reisebeschreibungen des 18. und 19. Jahrhunderts, (Frankfurt/Main: Lang 1992.)
  4. Eda Sagarra, Die "grüne Insel" in der deutschen Reiseliteratur – Deutsche Irlandreisende von Karl Gottlob Küttner bis Heinrich Böll", in: Jäger, Hans-Wolf (Hg.): Europäisches Reisen im Zeitalter der Aufklärung. Neue Bremer Beiträge, (Heidelberg: Winter, 1992).
  5. Patrick N. Wyse Jackson, 'Sir Charles Lewis Giesecke (1761–1833) and Greenland: A recently discovered mineral collection in Trinity College, Dublin', Irish Journal of Earth Sciences (1996) 161–168.
  6. C. J. Woods, Travellers' accounts as source material for Irish historians (Dublin 2009).
  7. Eoin Bourke, Poor Green Erin (Frankfurt am Main 2011) [With extract in English translation].
    The edition used in the digital edition
  1. Briefe von einer Reise durch England, Schottland und Irland im Frühjahr und Sommer 1820. Heinrich Meidinger First edition [pages 239] CottaStuttgart & Tübingen (1821)

Encoding

Project Description

CELT: Corpus of Electronic Texts

Sampling Declaration

The present text covers pp 166–194 of the volume.

Editorial Declaration

Correction

Text proofread twice at CELT.

Normalization

The electronic text represents the edited text. The 19th-century German spelling has been left to stand. Some abbreviations by the auhtor have been expanded silently.

Quotation

Direct speech is not tagged.

Hyphenation

Soft hyphens are silently removed. When a hyphenated word (hard or soft) crosses a page-break or line-break, this break is marked after the completion of the hyphenated word.

Segmentation

div0=the whole text; div1=the letter; page-breaks are marked pb n=""/.

Standard Values

Dates are standardized in the ISO form yyyy-mm-dd.

Interpretation

Some personal names, place-names and organisation names are tagged. Words and phrases from other languages are tagged.

Canonical References

This text uses the DIV1 element to represent the Letter.

Profile Description

Created: By Johann Heinrich Meidinger (1792–1867) (1820)

Use of language

Language: [DE] The text is in German.
Language: [EN] Some words and phrases are in English.
Language: [IT] One word is in Italian.
Language: [LA] One term is in Latin.

Revision History


Corpus of Electronic Texts Edition: D820000-002

Heinrich Meidingers Briefe aus Irland: Author: Johann Heinrich Meidinger


p.166


Ballimoney, im nördlichen Irland, Provinz Antrim

im Juli 1820.

Von Glasgow fuhr ich der schönen Clyde hinunter nach Greenock. Der Fluß ist, wie ich Dir schon bemerkte, anfangs sehr schmal, dehnt sich aber, nach der Mündung zu, immer mehr aus, und wird zuletzt 6 englische Meilen breit.

Die Ufer sind mit schönen Wiesen und Landhäusern bedeckt, und gewähren einen heitern und erfreulichen Anblick. Hier ist das Land der Dampfboote, die von allen Seiten mit schnellem Ruderschlag vorübereilen, und schon in der Ferne durch ihren kometenartigen Schweif in der Luft kenntlich sind.

Das größte Dampfboot, das bis jetzt noch in Europa gebaut worden, ist vor Kurzem in Glasgow fertig geworden. Dasselbe (von 200 Tonnen) ist 118 Fuß lang, 20 Fuß breit, und kostet über 11,000 £. Die zwei dicht neben einander liegenden kupfernen Kessel kosten allein über 2000 £, und wiegen 320 Centner. Die Maschine ist von 70 Pferde Kraft. Das Schiff ist, außer dem eisernen Schornstein, noch mit zwei Masten versehen, und führt mit Recht den Namen The Superb. Das Innere enthält 42 Schlafstellen, herrliche Zimmer mit Teppichen belegt und schöne Kupferstiche an den Wänden, nebst einer kleinen Bibliothek, Zeitungen, und allen Bequemlichkeiten, die man sich auf dem Wasser nur wünschen kann. Es ist von einer Gesellschaft erbaut und bestimmt, zwischen Greenock und Liverpool zu fahren. Der Preiß ist 2 £ 16. mit der Verköstigung.


p.167

Den Weg (250 Meilen) legt man gewöhnlich mit einem Dampfboot in 32 Stunden zurück. Anfangs findet man das Arbeiten der Maschine, die beständige Erschütterung des Schiffes, und die durch die Kessel verbreitete Wärme in der Kajüte unangenehm, bis man sich allmählich daran gewöhnt hat.

Gefahr ist bei der jetzigen Einrichtung durchaus nicht mehr vorhanden, denn nicht allein, daß die Sicherheitsklappe allen überflüssigen Dampf durchläßt, sondern aller Explosion ist auch durch die kupfernen Kessel vorgebeugt, die im schlimmsten Falle bloß Risse bekommen, aber nicht springen können. Zwei Kessel zieht man bei einem großen Dampfboot deswegen vor, daß wenn der eine Risse erhält, der andere doch fortarbeiten kann. Dabei hat man den Vortheil auf dem Meere, daß man zu allen Zeiten, bei Windstille sowohl, als bei Gegenwind, (wenn er nicht allzustark weht), vorwärts gehen, und sich der Segel eben so gut bedienen kann, wie auf andern Schiffen. Unter diesen Umständen müssen die Dampfschiffe immer mehr in Aufnahme kommen. Mehrere sind bereits von Nordamerika in europäischen Häfen eingetroffen, in Schweden und Rußland sind sie schon stark im Gebrauch, und bald wird auch in ganz Großbritannien alle Überfahrt und Wasserverbindung durch dieselben geschehen. Watt, der erste Erfinder, war ein Schotte, und hat sie zuerst in Schottland eingeführt.

Nicht weit von der Mündung der Clyde liegt auf dem linken Ufer Port Glasgow, 10 000 Einwohner, wo die meisten Glasgower Häuser ihre Agenten und Schreibstuben


p.168

haben. Eine Strecke weiter liegt auf demselben Ufer Greenock, eine bedeutende Stadt von 20,000 Einwohnern, mit schönem sichern Hafen und Schiffswerften. Dicht am hohen Ufer bemerkt man das vor zwei Jahren von der Regierung erbaute neue Zollhaus mit einem Säulen-Portal. Durch die Stadt läuft eine schöne Straße mit Läden angefüllt. Rund um die Docks gehen bedeckte Waarenschoppen von eisernen Pfeilern getragen. Die Stadt treibt bedeutenden Fischfang, besonders in Heringen, und ist als äußerste Grenzlinie durch das Zollamt sehr lebhaft. Auch zählt sie mehrere gute Handlungshäuser, und selbst viele Glasgower Kaufleute lassen auf diesem Platze ihre Güter umschlagen.

Die Clyde ist hier 6 bis 7 Meilen breit. Viele Sandbänke liegen zwar im Fluß; doch ist das Fahrwasser hinlänglich breit und tief. Am jenseitigen Ufer liegt der Badeort Helensborough, 1000 Einwohner, und weiter unten das Schloß des Herzogs von Argyle mit den rauhen Hochgebirgen im Hintergrunde.

Von hier aus zeigen sich nichts als einige kleine Inseln und Felsen mit Leuchtthürmen und Fischerhütten, und von Möven und wilden Enten umschwärmt. In der stürmischen Jahrszeit ist diese Küste wegen der vielen Klippen und starken Brandung gefährlich. Die Überfahrt von Greenock nach Irland machte ich mit dem Dampfboote in 13 Stunden.

In der Frühe hatten wir die schöne irländische Küste im Gesicht, die mit ihren grünen Wiesen und freundlichen Landhäusern, gegen die dürftigen Berge Schottlands gehalten, einen angenehmen Contrast bildet.


p.169

Belfast (32,000 Einwohner), die bedeutendste Stadt im nördlichen Irland, liegt am Ende einer schönen Bucht von Hügeln umschlossen, am Ausfluß der Laga, über welche eine lange, steinerne Brücke von 20 ungleichen und baufälligen Bogen führt, hat einen geräumigen Hafen und mehrere breite, regelmäßige Straßen, aber wenige schöne Gebäude. Zu den schönsten gehören die beiden bischöflichen Kirchen, Parish church und St. George's church. Das neue Gesellschaftshaus (Assembly Rooms) und die Leinwandhalle. Nach dem Belfaster Addreß-Kalender (Directory for 1819) besizt die Stadt 16 Kirchen und Kapellen, worunter 2 katholische, 2 Methodisten, 1 Quäker und 1 Wiedertäufer. Die übrigen sind bischöflich oder presbyterianisch.

Von Schulansalten ist das kleine Gymnasium mit 160 Schülern lobenswerth. Auch gibt es hier mehrere milde Anstalten, 4 Buchhandlungen und 2 Druckereien, nebst 3 Zeitungen. Das Wachsthum dieser Stadt ist erstaunlich. Im Jahr 1757 zählte man kaum 8000 Einwohner, jetzt über 32,000. Der Zoll belief sich im Jahre 1772 auf 60,000 £; im Jahre 1812 auf 590,000 £. Schiffe liefen im verwichenen Jahr 104 ein, mit 10,429 Tonnen und 755 Matrosen. Unter der Einfuhr befindet sich viel Leinsaamen aus Holland, am meisten aber Steinkohlen aus Schottland, die billiger sind (15 Schilling pro Tonne), als man sie durch Bearbeitung eigener Gruben erlangen könnte. Von Butter und Schweinefleisch soll die Ausfuhr von hier noch stärker wie selbst von Dublin sein. Das meiste geht nach London und Amerika. Die Butter wird in ganzen, halben und viertel


p.170

Firkins versandt. Ein Firkin wiegt 100 Pfund. Oben steht der eingebrannte Name der Waare, und die Anfangsbuchstaben des Versenders, welches auch bei Schweinefleisch, Schinken, Zungen etc., der Fall ist.

Der Schweinemarkt dauert vom Oktober bis in den Juni. Dieser ist so bedeutend, daß oft an einem Tage bei 1000 frisch geschlachteter Schweine aus dem ganzen nördlichen Theile der Insel zum Verkauf gebracht werden. Die Schweine sind sorgfältig ausgenommen, gereinigt und gewaschen, und werden so an die Kaufleute, die in inländischen Lebensmitteln (Irish Provisions) handeln, zum Einsalzen und Weiterversenden verkauft. Das irländische Fleisch hat den Vorzug, daß es in der Hitze nicht leicht schmilzt, und sich weit länger in warmen Ländern hält wie alles andere Fleisch. Daran foll hauptsächlich die gute Behandlung Schuld seyn.

Nach diesem ist die Leinwand einer der wichtigsten Ausfuhr-Artikel von Belfast. Die Leinwandhalle ist ein einstöckiges schönes, viereckiges Gebäude, mit einem rings umher laufenden Gange zum Packen, und numerierten Gemächern, die an verschiedene Kaufleute zu beständigen Waarenlagern vermiethet sind. Das bedeutendste Haus ist Stewart und Cunningham, deren Haupthandel nach Amerika geht. Der Preiß der Leinwand ist von 9 D. bis zu 12 Schilling pro Yard. In den feinen Sorten (37 Zoll breit und 50 Yards lang) haben die Irländer den Vorrang. In den groben und mittlern stehen sie aber den Deutschen nach. Herr Cunningham gestand mir selbst, daß sie die deutsche nachmachten, und zeigte mir auch mehrere mit sogenannter deutscher Schrift versehene Stücke, wovon ich


p.171

aber nichts als das Wort ‘Niederlage’ heraus buchstabiren konnte. Das Übrige war so fehlerhaft und so völlig undeutsch, daß der Betrug nicht leicht jemanden, der nur ein bischen unsere Sprache versteht, entgehen kann.

Außerdem sind in Belfast seit Kurzem mehrere Baumwollspinnereien errichtet.

14 Meilen von Belfast liegt Antrim, ein schlechter Flecken, der aber in frühern Zeiten bedeutender gewesen seyn muß, da die ganze große Provinz ihren Namen davon trägt.

Bei diesem Orte liegt der größte See in Großbritannien (Loch Neagh), 28 Meilen lang und 14 Meilen breit. Er hat süßes Wasser, schöne, doch mehr flache Ufer, mit Waldung bedeckt, und ist sehr fischreich. In ihn ergießen sich 9 Flüsse und viele Bäche, die ihn bei großen Regengüssen, da er sich seines Wasservorraths durch das Flüßchen Bann nicht so schnell wieder entledigen kann, öfters aus seinen Ufern treiben und Überschwemmungen verursachen. Dieser See, so wie der größte Theil von der Stadt Belfast, gehören dem reichen Lord Donnegal. Auch ist hier einer von den alten runden Thürmen zu sehen, die in Irland noch so häufig angetroffen werden, besonders in der Nähe von Kirchen; daher sie wohl schwerlich zu Wartthürmen können gedient haben. Sie sind meistens hoch und schlank. Ihre Entstehung ist noch im Dunkeln.

Die nächsten Stationen find Dunaghy, Balimena und Ballimoney1, sämmtlich kleine artige Städtchen, die Leinwandbleichen


p.172

und Viehzucht besitzen. Die Straßen sind gut, und mit kleinen Kieseln gepflastert. Die irländischen Meilen sind größer wie die englischen, 11 irländische = 14 englischen. Die irländischen Schillinge (ten penny pieces) sind 2 D. geringer wie die englischen. Das Land ist hier herum noch sehr feucht und sumpfig, obschon von gutem Boden. Dörfer trifft man auf dem ganzen Wege nicht. Blos einzelne Hütten von Steinen und Erde aufgeführt, ohne Schornsteine und im Innern gepflastert. Mit Wehmuth blickt man auf die zerlumpten, unreinlichen Gestalten, die oft wie Halbwilde mit nackten Armen und Beinen sich unter Schweinen, Hühnern und Gänsen herumtreiben, und mit diesen in einer Hütte leben. Viele Kinder haben kaum ein Röckchen oder Hemdchen auf dem Leibe, wovon überdieß noch häufig die Stücken herunterhängen.

Diesem traurigen Zustande kann nur nach und nach durch größere Urbarmachung des Landes, thätigere Unterstützung und zweckdienlicheren Unterricht abgeholfen werden.

Von Ballimoney besuchte ich den 8 Meilen seitwärts liegenden berühmten Riesendamm (Giants causeway).

Das Land an der Küste ist wohlhabender und besser bebaut wie das Innere. Hie und da zeigen sich mehrere schöne Höfe, Weiler und Dörfer. Aus dem letzten Dorfe Bushmills, 1/2 Stunde von der Küste, nimmt man sich einen Führer, der das Ufer genau kennt, und jede Merkwürdigkeit desselben zeigt. Der Weg dahin ist auf beiden Seiten mit Basaltblöcken eingefaßt. Die ganze Küste besteht aus verschiedenen kleinen Buchten, die von den sich mit Macht andrängenden Wogen nach und nach gebildet zu seyn scheinen.


p.173

In der ersten befindet sich eine schöne gewölbte Höhle mit herrlicher Brandung, die ihren weißen Schaum in dichten Flocken umherspritzt. Aus dem Hintergrunde dieser Höhle hat man eine perspektivische Aussicht auf das Meer. Man bemerkt hier vielen Schiefer oder Kugelbasalt (Ognion basalt), der aus großen, runden Stücken besteht, und sich wie Zwiebeln abschälen läßt.

Mehrere arme Fischer räumen in der Tiefe die herabgefallenen Trümmer aus dem Wege, und bieten seltene Stücke mit Zeolithen an. Von da beginnen die Basaltpfeiler, die sich theils in gerader, theils in schiefer und gebogener Stellung mehrere Meilen weit an der Küste hinziehen. Das Schönste und Bewunderungswürdigste ist der eigentliche Damm (Causeway), der sich über 200 Fuß weit in das Meer erstreckt, und unter demselben, — wie man vermuthet, — bis zur gegenüberliegenden schottischen Insel Staffe hinzieht. (Bei der Ebbe sieht man deutlich die Pfeiler unter dem Wasser fortlaufen.) Seine Breite ist von 100 bis 160 Fuß. Unstreitig ist dieses eines der wunderbarsten und außerordentlichsten Werke im Mineralreich.

In geschlossenen Reihen stehen hier Pfeiler an Pfeiler über und neben einander so dicht, um keine Messerklinge durchzulassen, und so regelmäßig und künstlich gebildet, daß man es der geistig-schwachen und unausgebildeten Vorzeit nicht verargen konnte, wenn sie darin die Spur weit überlegener ungeheurer Menschen, oder Riesen zu erblicken glaubte. Diejenigen, worüber die Wellen wegspülen, sind von schöner Eisenfarbe, und ragen in stiller Pracht aus


p.174

der dunkelblauen Flut empor. Die regelmäßigsten Pfeiler stehen auf der Westseite, und bilden zahlreiche Stufen, von denen man von einer zur andern steigt. Die meisten find fünf- bis sechseckigt, mehrere auch sieben-, acht und neuneckigt; von vier Ecken sind sie seltner, und von drei Ecken ist auf dem ganzen Damme nur ein einziger gefunden worden. Die höchsten Pfeiler sind auf der Ostseite, wo mehrere von 30 und einer sogar von 38 Gliedern (joints), ungefähr eben so viel Fuß, befindlich. Die Glieder sind von 8 bis zu 20 Zoll im Durchmesser. Diese Glieder oder Gelenke springen durch einen einzigen Hammerschlag leicht ab, und zwar so schön und rein, daß die meistens wieder genau in einander gefügt werden können. Wenn ein Gelenk von dem Pfeiler abgeschlagen wird, so ist das eine Stück in der Mitte hohl, das andere gewölbt. Der Führer John Curry in Bushmills, treibt damit einen ordentlichen Handel, indem er viele Pfeiler ablöst und in Kisten verschickt. Der gewöhnliche Preiß für einen Pfeiler von 5 bis 6 Glieder ist 2 £. Sterling, frei bis Belfast. Jedes Glied wiegt ungefähr 1 Centner. Höher hinauf (nach Schottland zu) gelangt man zu einer Bucht, die ringsum von senkrechten Pfeilern umgeben ist, worunter mehrere gebogene. Hier sieht man den sogenannten Chimney (Schornstein), einen hohen, einzeln stehenden Pfeiler, mit zwei kleinern daneben. Von da kommt man zu einem Haufen, die Orgel (organ) genannt, weil die Pfeiler zu beiden Seiten etwas abnehmen. Etwas weiter steht der Webstuhl (loom) und noch höher die schöne Bucht Roverand Valley. Unter allen diesen Pfeilern sind jedoch wenige so regelmäßig und schön wie

p.175

auf dem Damm. Bei dem Chymney bemerkt man viele wagrechte Pfeiler, die die senkrechten förmlich durchschneiden und 5 Meilen weit ins Land laufen, während die letzten blos 2 Meilen im Innern beim Aufgraben gefunden worden sind. Sehr merkwürdig ist eine süße Quelle am Ufer, die nahe beim Damm zwischen Basaltpfeilern hervorquillt. Eine Frau mit einem Becher läßt, gegen eine Kleinigkeit, das Wasser versuchen.

Die sogenannte Cynders (poröse Lava) liegt stets hoch auf der Küste und ist auch nicht in großer Anzahl.

Über die Entstehung der Basalte ist man noch immer in Ungewißheit. Die Einwirkung eines unterirdischen Feuers scheint jedoch, außer Zweifel.

Auf dem Rückwege kletterte mein Führer in die Tiefe, um mir einige Basaltstücke zu holen. Einsam wandelte ich unterdessen am hohen Gestade, und blickte hinaus in den unabsehbaren Ocean, dessen Fluten sich mit Ungestüm an den starken Pfeilern unter meinen Füßen brachen. ‘Seit wie viel Jahrtausenden,’ rief ich aus, ‘rollst du deine Wogen dahin, großes, wunderbares Element. Wer sagt mir an, von wannen du kommst, und wohin du dich ergießest, bis wohinauf und wohinunter an die Pole der Erde. Wer hat je deine Grenzen ganz ermessen, und deine Tiefen ergründet, und wer die Myriaden Wesen genannt, die du in deinem geheimnisvollen Schooße birgt und ernährest. Zahllos und wunderbar sind alle deine Bildungen.’

Du bist die Länder verknüpferin, die ewige Weltumseglerin. Deiner Fluten Allgewalt kennt keine Schranken.

Aber auch du, auch du bist dem großen geistigen Licht


p.176

unterhan, auch du huldigt dem weisen höhern Gesetze einer ewig heiligen Urkraft.

Und jeder Pulsschlag in mir klopfte zum Lobe dessen, der im Lüftchen weht und im großen Weltmeer einher braußt, und dessen Macht und Herrlichkeit unendlich ist wie seine Liebe.

...

Erst spät Abends kehrte ich nach Ballimoney zurück.


Dublin,

im Juli 1820.

Von Belfast bis Dublin (80 Meilen) führt der Weg durch ein schönes, wohlbebautes Land. Straßen und Postkutschen sind wie in England. Die erste Station ist Lisburn, ein reinliches, schönes Städtchen, blühend durch seine Leinwand-Manufakturen und zahlreichen Bleichen, die sich in einem kleinen Thale längs des Flüßchens Laga bis kurz vor Belfast hinziehen. Viele Weber und kleine Fabrikanten sieht man in schlichten, grauen Überröcken, wie die Bielefelder Leinwandhändler mit ihrer Waare zu Markte ziehen. Die Menschen sind gesund und wohlhabend. Der größte Theil besteht aus Protestanten.

22 Meilen weiter liegt Newry, eine artige Stadt von 15,000 Einwohnern, mit Leinwand-Manufakturen und einiger Getreide-Ausfuhr. Ein Kanal für 150 Tonnen-Schiffe läuft mitten durch die Stadt bis zum Meere hin.

Das folgende Städtchen Dundalk ist sehr volkreich und der Markt für die ganze umliegende Gegend. Auch die alte Stadt Drogheda, 10,000 Einw., obgleich in den


p.177

neuern Zeiten sehr heruntergekommen, ist doch immer noch lebhaft, und besitzt viele Branntweinbrennereien (Whisky), Korn und Leinwand-Ausfuhr.

In der Nähe der Hauptstadt vervielfältigen sich die Dörfer und Landhäuser, die sonst im Ganzen nicht sehr zahlreich sind. Die Einfahrt ist durch den neuen Theil der Stadt, durch schöne breite Straßen (roads). Dublin, 180,000 Einwohner, liegt 7 Meilen vom Meere, am Ende einer Bucht und auf beiden Seiten des Flusses Liffy, der 2 Meilen lang durch die Stadt läuft, und gegen seine Mündung von starken Granitdämmen eingefaßt ist. Der Fluß ist nicht sehr breit, doch können Schiffe von 400 Tonnen, bis zur ersten Brücke (Carlisle Bridge) heraufkommen; was weiter geht, muß durch Lichterschiffe den Fluß hinauf gebracht werden. Die Uferstraßen (quais) sind schön und geräumig, und haben viel Ähnlichkeit mit denen zu Paris, auch darin, daß man hier wie dort alte Bücher und Kupferstiche zum Verkauf ausgestellt findet. Die übrigen Straßen sind in dem alten Theile der Stadt eng und schmutzig, nach dem Hafen hin und in der Gegend des Universitäts-Gebäudes und Sackville Street aber breit und regelmäßig. Unter allen behauptet die obengenannte Sackville Street den ersten Rang. Diese ist 180 Fuß breit, ganz im englischen Geschmack, mit glänzenden Kaufladen und ansehnlichen Gasthöfen (hotels) zu beiden Seiten. In der Mitte steht die große cannelirte Nelsonsäule, und links das neue schöne Posthaus mit einem großen Säulen-Portal. Hier ist die neue Gasbeleuchtung seit Kurzem zuerst angewandt.


p.178

In der Pracht der öffentlichen Gebäude steht Dublin allen übrigen Städten des Reichs voran, selbst Edinburg nicht ausgenommen. Alle haben große Säulen-Portale und Bildsäulen auf den Zinnen. Das Zollhaus und die Bank (ehemaliges Parlamentshaus) sind wahrhaft römische Gebäude. Ersteres steht auf dem linken Ufer der Liffy. Seine Vorderseite ist gegen das Ufer zugekehrt, und gewährt einen herrlichen Anblick. Weiter unten auf dem sogenannten New shore wird eifrig an einem neuen Schiffsbehälter (Dock) gebaut. Die Ufer sind von weißem Granit mit Quarz. Daneben liegt das schöne neue 500 Fuß lange Tabacks-Magazin mit eisernem Sparrwerk und Säulen, nebst großem Keller für Wein, Rum, Branntwein etc.

Die Stadt hat sechs steinerne und eine eiserne Brücke, worunter die Essex bridge, Queen bridge und Carlisle bridge die vorzüglichsten. Die Länge derselben ist jedoch kaum 200 Schuh. Über der Carlisle-Brücke liegt, — nachdem man eine schöne, breite Straße Westmorland Street durchgangen, — das ehemalige Parlamentshaus, jetzt die Bank, um welches ein hoher, offener Säulengang führt. Schräg gegen demselben über steht das Universitäts-Gebäude (Trinity College), von dem weiter unten ein mehreres. Die Vorderseite desselben beherrscht eine der lebhaftesten Straßen Dublins (Dame Street), in deren Mitte zur Rechten das Versammlungshaus der Kaufleute (Commercial buildings), mit einem großen Caffee-Zimmer, und einem kleinen geplatteten Hofraum von Maklerstuben umgeben, wo fast täglich Versteigerungen von rohen Zuckern etc. gehalten werden. Am Ende dieser Straße liegt links die


p.179

Börse, ein rundes massives Gebäude, mit einer Kuppel, und einer hohen steinernen Treppe am Eingang. Im ersten Stock befindet sich ein unansehnlicher Saal, und daneben ein Zimmer, wo ein permanenter Ausschuß der Kaufleute (Committee for bankruptices), täglich von 2 bis 4 Uhr, alle Bankrutten und Schuldsachen entscheidet. In der unterm Halle steht die Marmor-Statue Georgs III. Die Börse wird pünktlich um 3 1/2 Uhr geschlossen, und nach der Zeit niemand mehr eingelassen. Eine sonderbare Kleidung ist die der Börsendiener, im orientalischen Geschmack, mit weiten Mänteln, und rothen Turbanen auf dem Kopf. Hinter der Börse liegt in einer Ecke das alte unansehnliche Schloß (Castle). Von großen öffentlichen Plätzen (Squares) ist der St. Stephens Green der größte in ganz Großbritannien. In der Mitte befindet sich eine große, mit einem eisernen Gitter umgebene, grüne Fläche, die aber noch voll Unkraut ist, und sehr wild und unordentlich aussieht.

Auch der große Phönix-Park, einer der schönsten Spaziergänge am äußersten Ende der Stadt, mit alten Linden und weiten Wiesen, scheint nicht sehr sorgfältig unterhalten. In diesem Park hat man seit Kurzem eine colossale Säule zu Ehren Wellingtons errichtet, die aber noch nicht völlig vollendet ist. Nicht weit davon liegen die Casernen mit 4000 Mann. Ein anderer Abendspaziergang und Zusammenkunft für die elegante Welt ist der Garten des Hospitals der Kindbetterinnen (Lying in hospital), am Ende von Sackville Street. Hier ist im Sommer jeden Abend Musik und große Beleuchtung, ungefähr wie in Vauxhall. Auch


p.180

ist bei schönem Wetter zwischen 8 und 10 Uhr stets eine glänzende Gesellschaft zu treffen. Der Eintritt ist 5 D. zum Besten des Hospitals.

Der Sinn für öffentliche Vergnügungen ist übrigens in Dublin nicht sehr stark. Die Schaubühne ist schon ein paarmal eingegangen, und scheint sich nur mit Mühe fortzuhelfen. Die neue Direction hat sich jetzt in einem unansehnlichen Gebäude, dicht bei obigem Spital, niedergelassen. Das Innere war bei meiner Anwesenheit noch nicht ganz geordnet. Eine angenehme Einrichtung in großen Städten find die Miethkutschen, unter denen sich hier eine eigene Art Cabriolets, Einspänner (jaunting car) befinden, die theils wie kleine Jagd-Chaisen, theils in Form eines Korbs, oder italienisch, Sediola gebaut sind, und leicht und rasch über die Straßen rollen. Man steigt entweder von der Seite oder von hinten auf. Der Kutscher sitzt auf einem erhöhten Bock wie auf einem kleinen Sessel. Selbst viele Privatleute besitzen solche Cabriolets.

In der Musik sind die Irländer von alten Zeiten her berühmt. Ihre Lieder und Gesänge haben einen eigenthümlichen Reiz, voll Ausdruck und Empfindung. In England kommen dieselben immer mehr in Aufnahme, besonders diejenigen vom Dichter Thomas Moore verfaßt, dessen Zartgefühl und rührende Innigkeit alle Herzen ergreift. Auch die sogenannte schottische Musik stammt ursprünglich aus Irland. Die Harfe ist das Lieblings-Instrument, von der großen Pedal-Harfe (London Harp) bis zur kleinen irländischen Harfe (Irish Harp). Es bestehen hier


p.181

mehrere musikalische Vereine mit ausgezeichneten Künstlern, auch oft Künstlerinnen an der Spitze. Einer darunter führt den lächerlichen Namen Beef Steak Club. Sogar Musik-Bibliotheken giebt es hier (Circulating musical library) zum Ausleihen der bekanntesten und besten Musikwerke und Arien. Die Hauptanstalt ist Willis's Harmonic Saloon in Westmorland Street, die bei 30,000 Musikwerke besitzt, und diese, nebst allen Arten Instrumenten, für 3 £. pro Jahr, oder 12 Schilling pro Monat ausleihet. Für Instrumente ist jedoch der Preiß höher. Die vorzüglichsten Componisten sind Sir J. Stevenson und J. Smith.

Die gebildeten Classen in Irland haben ganz die englische Sitte und Lebensweise angenommen, wozu die Menge der unter ihnen lebenden Engländer und der starke Verkehr mit England seit der Vereinigung vieles beigetragen hat. Im Ganzen sind sie aber munter und herzlicher wie ihre Nachbarn. Der gemeine Mann hat viel Guthmüthigkeit, und ist besonders in England wegen seiner sonderbaren und verkehrten Einfälle (blunders) berühmt. Dabei ist er aber auch reizbar, und zu leidenschaftlichen Ausbrüchen geneigt. In den Wissenschaften haben die Irländer im Allgemeinen bis jetzt noch wenig gethan. Auch der hiesige Buchhandel ist von keiner Bedeutung. Die meisten Werke werden in London oder Edinburg gedruckt. Im Jahre 1819 besaß Dublin 20 Buchhandlungen und 13 Buchdruckereien. Deutsche Bücher findet man in keiner einzigen Buchhandlung, wohl aber französische und italienische. Die Universität (Trinity College) ist ganz auf englischen Fuß eingerichtet. Dieselbe Kleidung und dieselbe Eintheilung


p.182

der Studien, meistens blos die sogenannten Brodwissenschaften bezweckend. Dieß Gebäude besteht aus zwei Höfen oder Vierecken, mit einem daranstoßenden, großen Garten. Die Häuser des vordern Hofs sind von gehauenen Steinen, die des hintern blos von Backsteinen aufgeführt. In dem vordern Theile sind die Hörsäle und Wohnungen der Professoren und Fellows.

Ein besonders guter Erwerbszweig für die Professoren sind die Privatvorlesungen in ihren eigenen Zimmern, zu denen sich gewöhnlich eine ansehnliche Zahl reicher junger Leute einfindet, die aus besonderer Vergünstigung bei ihren Eltern in der Stadt oder auf dem Lande leben dürfen, und blos das Collegium während der Privatvorlesungen besuchen. Darunter befinden sich auch mehrere angesehene Söhne aus katholischen Familien.

Die Zahl der Studenten, sowohl intern als extern, soll sich gegenwärtig auf 1500 belaufen. Sonderbar nehmen sich die 20 Thürhüter mit blauen Kleidern und ledernen Käppchen, ungefähr wie die Waisenkinder, aus. Zur Linken des ersten Hofs steht die Universitätskirche, Gegenüber die Prüfungshalle (Examinations hall) mit mehreren Bildnissen, worunter das — der Stifterin Königin Elisabeth, — nebst einem schönen marmornen Monument des Provost Baldwin, dessen sinkendes Haupt von dem Genius der Universität unterstützt wird. Ein zweiter vor ihm schwebender Engel deutet zum Himmel, als seinen künftigen Wohnort. Das Denkmal ist von einem Irländer, Ch. Hewetson in Italien verfertigt und gehört mit zu dem Schönsten was Dublin aufzuweisen hat. Die heitere Ruhe


p.183

des Sterbenden, der verklärte Blick, und der Seelenadel der Engel zeugen von einer seltenen Geschicklichkeit und wahren Meisterhand. Der Künstler ist seit mehreren Jahren todt.

Im zweiten Hof ist rechts, eine Treppe hoch, der große Bibliotheksaal mit 60,000 Bänden, die aber mehr zur Schau als zum Nutzen aufgestellt scheinen, indem keinem Studenten erlaubt ist, ein Buch auf sein Zimmer zu nehmen, sondern blos in der Bibliothek zu lesen, und dann das Buch wieder sorgfältig auf den alten Platz zu stellen. Der größte Theil der Bücher besteht aus der Bibliothek des Advokaten Fagels im Haag, worunter auch einige poetische und diplomatische deutsche Werke. Aus Neugierde ließ ich mir einen Augenblick den Universitäts-Catalog reichen, wo ich unter der anziehenden Überschrift: Deutsche poetische Werke und Mischmasch, kaum ein klassisches Werk, dagegen aber viele alte Überbleibsel, wahrscheinlich aus Lesebibliotheken, worunter ich auch das graue Ungeheuer etc. verzeichnet fand. Ich hatte genug, und stellte mit Dank, aber nicht ohne geheimen Ingrimm über eine solche wissenschaftliche Auswahl unserer Literatur, das Verzeichniß zurück.

In ähnlicher Gebrechlichkeit befindet sich die sogenannte Sternwarte, die nach, der Gartenseite zu, blos aus einem hervorragenden Dachfenster besteht. Eine andere und bessere soll in der Nähe von Dublin errichtet sein. Die Druckerei liegt beim Eingang des Gartens zur Linken, und ist ein kleines Gebäude.

Der Universitäts-Garten ist groß und schön und in zwei Theile gesondert (Fellows Garden und Provost Garden), voll grüner Wiesen und schattigen Alleen.


p.184

Das Museum ist im vorderen Gebäude und besteht aus einer kleinen Mineralien-Sammlung, einem Kameelparder, einigen Fischen, mehreren Südseegeräthschaften, einer Mumie und verschiedenen indischen Manuscripten, worunter ein Singalesischer Almanach für 1816, nebst einer aus Holz geschnitzten Abbildung des Riesendamms. Auch hier ist Mangel an Sorgfalt bemerkbar, da der Staub Glas und Kasten bedeckt.

Eine erfreulichere Erscheinung, und mehr ins Leben greifende Anstalt ist die Dubliner Gesellschaft (Dublin Society) für Naturwissenschaften und schöne Künste. Diese Anstalt, im Jahre 1812 begründet, erhält jährlich von der Regierung 10,000 £., und zählt bereits über 600 Mitglieder, von denen jeder beim Eintritt 50 £. zahlt. Unter denselben sind blos Einheimische, außer den Erzherzogen von Östreich, die bei ihrer Anwesenheit im Jahre 1817 als Ehrenmitglieder aufgenommen wurden. An deren Spitze stehen 6 Professoren, die in Physik, Chemie, Mineralogie, Botanik, Zoologie, Architektur, Bildhauerkunst, Zeichnen, Kupferstecherkunst etc. Vorlesungen und Unterricht ertheilen, und zwar alles unentgeldlich. Das Gebäude (Dublin Society house) ist einfach und blos ein Stock hoch, und liegt zwischen einem großen umschlossenen Hof und einem schönen Garten in der Mitte.

Gleich beim Eingang in das Haus tritt man in eine kleine Halle, wo mehrere Modelle von Monumenten und öffentlichen Gebäuden aufgestellt sind. Zur Rechten ist die Gypskammer für die angehenden Bildhauer und Zeichner. Im ersten Stock liegt in zwei Zimmern die treffliche Mineralien-Sammlung,


p.185

unter Aufsicht des durch seine grönländische Reise rühmlichst bekannten Mineralogen, Professor Giesecke, aus Augsburg gebürtig, der hier seit vier Jahren angestellt ist, und dessen anspruchloses und liebevolles Wesen jedermann für ihn einnimmt.

Auf der entgegengesetzten Seite befindet sich das Museum, das zwar noch im Entstehen, aber bereits mehrere schätzbare Gegenstände besitzt, worunter besonders das von Prof. Giesecke mitgebrachte grönländische Zelt mit allen Geräthschaften und Kleidungsstücken der Grönländer sehenswerth. Säugethiere sind noch wenige vorhanden, etwas mehr Vögel. Auch zwei schöne Exemplare des Ornithorhynchus Paradoxus aus Neuholland, nebst einer Sammlung der bekanntesten Holzarten, in Form von kleinen Büchern mit Aufschriften auf dem Rücken, und eine getreue Abbildung von Stonehenge, und von einem andern alten Gebäude in Irland, in der Grafschaft Kerry. Dieses letztere besteht aus einer runden, 20 Fuß hohen und 14 Fuß dicken steinernen Mauer, mit mehreren steinernen Treppen im Innern, die auf die Oberfläche der Mauer führen. Der Eingang ist blos durch eine einzige 6 Fuß hohe Thür. Rund um das Gebäude läuft ein 5 Fuß tiefer und 20 Fuß breiter Graben. Ohne Zweifel diente dieser Ort in alten Zeiten zu einer Festung oder Zufluchtsstätte. Bei den Landleuten ist es unter dem Namen Heag, welches die Treppen bedeutet, bekannt. Die ausführlichere Beschreibung findet sich in der Dubliner Gesellschaft.

An das Museum grenzt die kleine ausgesuchte Bibliothek der Gesellschaft von 10,000 Bänden, die die schätzbarsten


p.186

Werke über alle Zweige der Naturwissenschaften enthält. Von deutschen Büchern besitzt sie blos Gilbert's Annalen der Physik; doch sollen, wie ich höre, in Kurzem mehrere andere deutsche Werke angeschafft werden. Auch ist der Bibliothekar sehr für die deutsche Sprache, und wird im Verein mit Prof. Giesecke dieselbe sicher mehr in Aufnahme bringen.

Gleicher Erde hat noch Professor Griffith eine schöne Sammlung irländischer Mineralien, nebst Zeichnungen von der ganzen Nordküste mit dem Riesendamm und der schottischen Insel Staffa. Zur Seite ist ein geräumiges Amphitheater für Vorlesungen, und in dem Nebengebäude erhalten junge Leute Unterricht im Zeichnen, Architektur, Kupferstecherkunst etc. Vor dem Hause stehen mehrere Basaltpfeiler vom Riesendamm.

Die Katholiken haben eine eigene Universität (College Mainouth) in der alten Stadt Kilkenny, 12 Meilen von Dublin, auch eine nahe dabei liegende Jesuitenschule. Doch schicken, wie oben bemerkt, mehrere angesehene katholische Familien ihre Söhne in die Dubliner Universität. Im Ganzen nimmt die Toleranz unter den gebildeten Ständen zu. Blos die untern Classen zeigen sich noch fanatisch und feindselig in Gesinnungen und Handlungen: sie betrachten die Engländer nicht blos als Eroberer, fondern auch als Ketzer, deren Ausrottung demnach in doppelter Hinsicht verdienstlich wäre. Der Katholizismus hat in Dublin nicht viel Äußeres. Selbst in den 18 katholischen Kirchen findet sich nicht so viel Prunk als an andern Orten. Die englisch-bischöfliche Kirche ist in Dublin


p.187

bei weitem die zahlreichste, und besitzt 22 Kirchen und Kapellen. Auch die Presbyterianer, Independenten, Methodisten, Baptisten etc. haben hier ihre Bethäuser.

Juden sind sehr wenige, sowohl in Schottland als in Irland. In ganz Dublin leben blos zwei Familien.

Die Zahl sämmtlicher Protestanten in Irland soll jetzt, wie mir ein geschätzter Geistlicher (Dean of Ardagh) sagte, wenigstens den 1/4sten, wo nicht den 1/3sten Theil der Bevölkerung, mithin über 1 Million ausmachen. Diese besitzen außerdem alle öffentliche Anstellungen und Ämter, und 4/3tel vom Lande als Eigenthum. Viele haben Katholiken unter ihren Dienstboten, welches aber selten umgekehrt der Fall ist.

Die Schulanstalten sind meistens nach dem Bell- und Lancaster-System, sowohl für Protestanten als Katholiken. Außerdem giebt es mehrere Sonntags- und Freischulen, gleichfalls für beide Religionen. Vor mehreren Jahren hat ein Deutscher, Namens Feinaigle, aus Constanz gebürtig, ein Institut hier errichtet (Feinaigle Institution), wozu er sein ganzes Vermögen (über 60,000 fl. rhein.) verwandte. Sein Hauptaugenmerk war auf Mnemonik gerichtet, worüber er auch ein eigenes Werkchen herausgab; doch hat er später, — wie mir Prof. Giesecke sagte, diesem Plane entsagt. Die Anstalt wird von der Witwe des Verstorbenen, unter Leitung guter Lehrer, fortgeführt, und zählt jetzt über 50 Kinder im Hause (boarding school) und 50 außer dem Hause (day school).

Der Handel von Dublin besteht hauptsächlich in der Ausfuhr von Leinwand, Getreide, Butter und eingesalzenem


p.188

Fleisch, und in der Einfuhr von rohen Zuckern, Baumwolle, Seide etc. Die Zuckersiedereien sind bedeutend. Die Seidenmanufakturen arbeiten nur schwach. Am zahlreichsten sind die Branntweinbrennereien (whisky distilleries). Der Verbrauch dieses Getränks ist selbst noch stärker wie in Schottland.

Auch in Irland ist die verderbliche Einrichtung der Privat-Zettelbanken, wovon man in diesem Augenblicke die traurigsten Folgen verspürt, — acht bis neun der ansehnlichsten haben in Dublin sowohl, als in Cork und Waterfold plötzlich ihre Zahlungen eingestellt.

Die Angst und Verwirrung unter allen Ständen ist unbeschreiblich, und das Mißtrauen so groß, daß man selbst die Zettel der noch bestehenden reichsten Privatbanken fortzuschaffen sucht. Viele bemittelte Kaufleute und andere Personen, die ihre Gelder in diesen Banken stehen hatten, oder Zettel von denselben besaßen, kommen dadurch an den Bettelstab. Am schrecklichsten aber ist der Verlust für die geringere Classe, die oft nur einige £. Papier im Vermögen besitzt, und diese nun auf eine so unverschuldete Weise ganz verlioeren soll.

Jede wohlgeordnete und in den gehörigen Schranken sich bewegende Nationalbank kann allerdings dem Lande wohlthätig und von großem Nutzen seyn, weil durch sie die Geschäfte erleichtert und vereinfacht, und ein viel schnellerer und rascherer Umlauf durch Banknoten, wie durch klingende Münze erzeugt wird, obgleich auch bei ihnen, wie weiter unten zu sehen in kritischen Perioden, große Gefahr ist; aber Privat-Zettelbanken sollten durchaus in keinem


p.189

Lande geduldet werden, weil sie sich gewöhnlich, — um ihr Geld nicht müssig liegen zu haben, — in Spekulationen einlassen, die, wenn sie fehlschlagen, nicht blos ihren eigenen, sondern auch den Ruin vieler Hunderte nach sich ziehen.

Zugleich wird durch die häufigen Fallimente Ängstlichkeit und Mißtrauen in Handel und Wandel gebracht, und bei jeder Banknote, die man erhält, muß man Unsicherheit oder Verfälschung besorgen. In Hinsicht der falschen Banknoten werden dieselben so täuschend nachgemacht, daß sie selbst der Bank-Cassirer in London nicht gleich auf den ersten Blick erkennt. Zwar ist die strengste aller Strafen, die Todesstrafe, auf jede Verfälschung gesetzt; so viele aber auch jährlich ihr Leben darüber verlieren, immer lockt der Gewinn wieder andere herbei, und schmerzlich ist es zu sagen, meistens junge Leute von 18 bis 25 Jahren, die gewöhnlich blos auf Anstiften oder aus Unkenntniß der Strafe, die falschen Banknoten verbreiten. Sollte da nicht jeder rechtliche Mann wünschen, daß doch endlich einmal dem unheilbringenden Papier-Systeme ein Ende gemacht werde; sollte er es nicht um so mehr, und mit aller Wärme des Herzens wünschen, wenn ihm die Geschichte der Staatspapiere, und die seit 20 Jahren bestehende Verwirrung in dem europäischen Geldwesen die traurigsten Folgen offenbaren; wenn ihm die Schuldenlast aller großen Regierungen bekannt ist, und die ewig neuen Bemühungen durch schimmernde Finanzpläne dem arglosen Bürger das noch übrige baare Geld zu entlocken. Mag dessen Zutrauen immerhin getäuscht, mag derselbe immerhin bei einem


p.190

Staatsbankrutt mit Weib und Kind zu Grunde gehen, wenn nur die Finanzen sich glücklich herausziehen, wenn nur die Schatzkammer gut dabei steht! Noch ist es in England nicht so weit gekommen, weil die Mittel und der Privatreichthum bisher ungleich größer waren, als in allen übrigen europäischen Ländern zusammengenommen, und das Bankwesen mit der Regierung und dem Kaufmannsstande auf das innigste verknüpft ist; aber daß es früher oder später so weit kommt, läßt sich aus folgender flüchtiger Übersicht aufs deutlichste voraussehen.

So lange die englische Nationalbank ihre Zettel bei Vorzeigung mit baarem Gelde einlöste, so lange war das Zutrauen in dieselbe mit Recht groß und ungeschwächt, und die Überzeugung vorhanden, daß das baare Geld mit den Banknoten in gleichem Verhältnisse stehe oder letztere noch übersteige. Erst im Jahre 1797, als der Krieg außerordentliche Mittel erforderte, und die Zahl der Banknoten auf einmal erstaunlich zunahm, fing man an zu befürchten, das Papiergeld möge allmählich das baare verdrängen, und die Bank nicht mehr im Stande sein, ihre in Umlauf gesetzten Noten einzulösen. Diese Besorgniß verwandelte sich in Kurzem zur traurigen Gewißheit, da die Bank bei plötzlich großem Andrang, ihre Zahlungsunfähigkeit und somit ihren förmlichen Bankrutt erklärte. Wäre es damals zum Ausbruch gekommen, so hätte vielleicht einem künftigen weit ärgern Übel vorgebeugt werden können. Da legte sich aber die Regierung, — die Schuldnerin der Bank, die die letztere als die Seele aller ihrer Unternehmungen und Stütze in allen ihren Verlegenheiten anzusehen


p.191

gewohnt war, — ins Mittel, und ließ durch Pitt eine Parlaments-Akte (Bank restriction bill 1797) einbringen, wonach die Bank auf drei Monate den angenehmen Befehl erhielt, alles baare Geld zu verweigern, dagegen die alten, abgenutzten Banknoten gegen neue umzutauschen. Jetzt war der Bank ein weiter Spielraum eröffnet, neue Noten, (die ursprünglich nicht unter 20 £., dann 10 £. und später 5 £. waren,) sogar von 1 £. in Umlauf zu bringen. Aber — entsteht die natürliche Frage — ist denn nach Ablauf der drei Monate keine neue Akte erschienen? Wohl geschah solches, aber nur — wie vorauszusehen war — um die baare Einlösung noch weiter hinauszuschieben bis zur nächsten Parlamentssitzung, von der nächsten Parlamentssitzung bis zu Ende des Kriegs, vom beendigten Kriege noch auf weitere zwei Jahre, von zwei Jahren bis zu dem Zeitpunkte, wo die Verlegenheit der Bank gehoben sein würde und so fort, bis man zuletzt allgemein die Unmöglichkeit einsahe, das längst verschwundene baare Geld je wieder zum Vorschein zu bringen.

Nun tritt die Crisis ein, die Staatsschuld soll abbezahlt werden, die fremden Zuflüsse bleiben aus, der Welthandel sinkt zusammen, Armuth und Geldnoth steigen mit den Bedürfnissen, und so sieht man sich mit Schrecken am längst gefürchteten Rande des unvermeidlichen Abgrundes.

Selbst die Tilgungs-Casse (sinking fund), die — wenn sie wirksam ins Leben tritt — mit Recht als das einzige Rettungsmittel verschuldeter Staaten angesehen werden kann, dieses schätzbare Kleinod der Nation, das in der öffentlichen Meinung sowohl, als in bestehenden


p.192

Gesetzen und Verordnungen (1786 und 1792) jederzeit als ein Heiligthum galt, und deren wohlthätigen Einfluß, nach genauer Berechnung, bereits im Jahre 1808, durch Vermeidung der Zinsen und Taxen empfunden werden sollte — mußte nach Abschaffung der Einkommensteuer und bei dem jährlichen Deficit der Staats-Bilanz von dem Ministerium angegriffen werden! So greift der Schiffbrüchige in der Verzweiflung zum emporragenden Mast, und vom Maste zum letzten dahinschwimmenden Brette, bis er in den über ihn zusammenschlagenden Fluten plötzlich untergeht.

Außer Dublin sind Irlands bedeutendste Städte folgende:

  1. Cork 90,000 Einwohner im Süden
  2. Limerick 50,000 Einwohner im Süden
  3. Waterford 30,000 Einwohner im Süden
  4. und Belfast 32,000 Einwohner im Norden.

Cork wird sich wegen seiner trefflichen Lage zur ersten Handelsstadt in Irland erheben. Irlands Lage ist der vielen Meerbusen wegen vorzüglich, und wird sicher bei größerem Wohlstande zu einem bedeutenden Handel führen. Am ersten wird die Fischerei — diese Pflanzschule der Matrosen — in Aufnahme kommen, da die ganze Küste von Makrelen, Heringen und Stockfischen wimmelt. Nur bedarf es Schiffe, und zum Schiffsbau Capital, das aber erst durch den Flor des Ackerbaues und der Fabriken erlangt werden kann. Schon bilden sich — zur Beförderung derselben,


p.193

von allen Seiten Gesellschaften. Die Leinwandkammer (linnen board) hat im ganzen Lande Zettel anschlagen lassen, wonach folgende Prämien vertheilt werden:
  1. Für Segeltuch und grobe Leinwand, die unter 1/2 D. verkauft wird (1 1/2 D. pro Yard Prämie) 1000 £.
  2. für Leinwand unter 1 D pro Yard (1 1/2 D. pro Yard ditto) 2000 £
  3. für Hanfbau 2 £, pro Acker von allem, was vom 1. Februar bis zum 1. Mai 1820 gesäet wird 1200 £
  4. für Ackergeräthschaften 3000 £
  5. für Flachshecheln 1440 £
  6. für Flachsmaschinen 1000 £
  7. für Webstühle etc. 860 £
Dublin, den 28 December 1819.

Jährlich werden immer mehr Sümpfe ausgetrocknet, und das Land mehr urbar gemacht. Weizen wird bereits in Menge nach England ausgeführt. Auch die Schafzucht verbessert sich. Steinkohlen sind im Überfluß, können aber durch die Billigkeit der schottischen noch nicht mit Vortheil gegraben werden.

Was diese schöne Insel seither sehr zurücksetzte, war die Vernachlässigung und Unterdrückung der Großen, die, statt wie in England, ihren Reichthum auf Ackerbau und Cultur des Bodens zu verwenden, meistens ihr Geld aus dem Lande zogen und in London oder auf dem Continent verzehrten.

Irland hat bis jetzt blos zwei große Kanäle: den großen Kanal (grand Canal), der von Dublin aus durch die


p.194

Provinz Leinster Meilen weit geht, und sich mit dem Shannon vereinigt, und den königlichen Kanal (Royal Canal.

Der kleine Kanal bei Newry ist unbedeutend, blos 6 Meilen lang.