Als einen der Beweise für das Alterthum von Irland giebt man auch endlich folgenden an: Wissenschaften und Gelehrsamkeit blüheten in diesem Lande zu einer Zeit, in der das übrige Europa in
Es war eine Zeit, in der Irland einen größeren Antheil von Gelehrsamkeit besaß, denn irgend ein anderes Land zur nämlichen Zeit. Zeugnisse der Ausländer sind, in diesem Punkte, von größerem Gewichte als Zeugnisse Irischer Schriftsteller.
Beda, ein Engländer, der im achten Jahrhunderte lebte, spricht von Irland, als dem großen litterarischen Marktplatze, den Leute aus allen Theilen von Europa besuchten. Camden, ein Engländer des sechzehnten Jahrhunderts, der durch sein Werk Britannia berühmt ist151, sagt: Irland hatte eine Menge glänzender Genies in
- Nach seiner Väter Beyspiel, von Wißbegierde bewogen,
Gieng er nach Irland, das durch Gelehrsamkeit berühmt war.152
Der jüngere Scaliger sagt, daß zu Carls des Großen Zeiten, und 200 Jahre nachher, fast alle gelehrte Männer153 Iren waren. Camden und anderen zufolge, waren es Irische Mönche, die folgende Abteyen stifteten, Luxieu {Luxeuil} in Hochburgund, Roby in Italien, Würzburg in Franken, St. Gallen in der Schweiz, Malmsbury
Die ersten Professoren auf der Universität von Paris waren Iren: und es ist eine allgemeine Sage, daß der Englische König, Alfred der Große, für sein neugestiftetes Collegium zu Oxford, Professoren aus Irland kommen ließ. Eine Menge Orte auf dem festen Lande erklären, noch heut zu Tage, ihre Schutzheiligen für Iren.
Auf der Universität Armagh in Irland sollen oft etliche tausend Studenten auf einmal gewesen seyn; und es gab noch andere gelehrte Schulen, die nicht weniger berühmt waren.
Um Ihnen ein etwas vollständigeres Verzeichniß von Irischen Gelehrten aus den alten und mittleren Zeiten zu geben, so will ich Ihnen folgende noch namentlich anführen.
Im fünften Jahrhundert lebte Sedulius, der seinen Unterricht in Irland von Hildebert, der selbst ein Gelehrter von Verdienst war, erhielt, und nachher in Frankreich, Italien und Asien reisete. Er schrieb in lateinischer Sprache vierzehn Bücher über die Paulinischen Briefe, einen Ostergesang in Versen, in vier Büchern, einen Hymnus über die Wunder Christi und verschiedenes andere in Prose.
Columb-cill, im sechsten Jahrhunderte, stammte aus königlich-Irischem Blute, und war der Apostel der Picten und Stifter der Abtey Hy. Seine Gedichte schmeckten ein wenig nach dem Mönche, aber sein Prose ist gut Latein und voll von gesunder Urtheilskraft. Bridget (Brigitta) war aus der Grafschaft Louth und lebte in Kildare, wo sie Äbtissinn eines Klosters war, das sie selbst gestiftet hatte. Sie schrieb eine Regel
Columba im siebenten Jahrhunderte war aus Leinster, studirte unter Silenus in Irland, predigte in England das Evangelium, stiftete einige Klöster in Frankreich und zuletzt Bobi bei Neapel.155 Er schrieb Commentarien über die Bibel, Predigten und Homilien. Sein Nachfolger, gleichfalls ein Ire, war Finan; er belehrte den Ostsachsen Sigibert und seinen Hof und schrieb ein Buch über das Passahfest. Furseus lehrte den Ostangeln das Christenthum, stiftete verschiedene Klöster und schrieb über das Klosterleben. Arbogast errichtete ein Kloster zu Hagenau im Elsas und wurde zuletzt Bischoff zu Straßburg. Adamnanus schrieb ein Leben des Columb-cill, ein Leben einer fränkischen Königinn, Gedichte, eine Beschreibung des heiligen Landes und Briefe. Cuthbert, der Sohn
Im achten Jahrhunderte lebte Sedulius der jüngere; er hielt sich unter Gregor dem II zu Rom auf, war hernach Bischoff in Spanien, wo er eine Geschichte der alten Iren schrieb, wovon Sir John Higgins, Leibarzt Philipps V, das Manuscript hatte. Virgilius (Irisch Fergil) mit dem Zunamen Solivagus, war Bischoff zu Salzburg, und für seine Zeit ein Mann von ungewöhnlicher Gelehrsamkeit. Schon er hatte zum Theil das Schicksal, das viele Jahrhunderte nachher den Galileo Galilei traf und für die nämliche Sache. Schon er lehrte, daß wir Gegenfüßler hätten, daß die Erde rund sey, und daß es außer unserer Erde noch andere Planeten gäbe. Der Pabst sprach denn Bannfluch über ihn und sein Buch aus.
John Scot Eriugena im neunten Jahrhundert ist, wie einige behaupten, der erste, der gegen die Transsubstantiation geschrieben hat, er ist auch durch andre Werke bekannt,156 und schrieb
So unbedeutend auch viele der Schriften aller dieser Irischen Gelehrten seyn mögen, so zeigen sie doch eine allgemeine Kenntniß der lateinischen Sprache, das Studium der heiligen Schrift und anderer Dinge, zu einer Zeit, in der das übrige Europa in Unwissenheit lag. Probestücke von Irischer Schreibart in den mittleren Zeiten kann man in Menge in Ushers Sammlung Irischer Briefe finden.157
Wie kommt es denn, fragt Spencer, daß die Wissenschaften jetzt so wenig unter den Iren blühen, da sie so frühzeitig Gelehrte hatten? Auf diese Frage giebt er keine Antwort. Mancher vaterländisch gesinnte Ire möchte uns vielleicht überreden, daß zu allen Zeiten ein eben so hoher Grad von Aufklärung in Irland herrschte, als in irgend einem andern Lande, während daß David Hume sagt: daß die Iren vom Anfange
Das eine ist eine übertriebene Lobrede, das andere eine hämische Carricatur! Beyde Theile müssen also unrecht haben. Gelehrsamkeit und Wissenschaften, die sehr frühe in Osten tagten, haben zeither ihren Weg beständig gegen Westen genommen, und wir können noch immer, ob schon ein Teil von Asien in Barbarey zurückgesunken ist, ihren Weg durch Chaldäa, Ägypten, Phönicien, Griechenland, Sicilien, Italien, Gallien und Britannien bezeichnen. Wir finden in allen diesen Ländern Spuren, daß Aufklärung ehemals auf einen gewissen Grad allgemein war. Da wir nun diese Spuren in Irland nicht finden, so wäre es höchst ungerecht, anzunehmen, daß es über diesen Grad von Aufklärung schon hinaus sey. Wir haben keine Thatsachen, durch die sich beweisen ließe, daß Irland, selbst in der Zeit ihrer blühenden Gelehrsamkeit, jemals eine allgemein ausgebildete und aufgeklärte Nation gewesen sey. Ihre Gelehrten, ferne von der Welt, eingeschlossen in Klöstern und Studierzimmern, waren keine tüchtigen Werkzeuge, die Wildheit der Nation zu mildern, die Sitten auszubilden, die Künste im
Allein der Einfluß, den die politische Verfassung auf den Charakter und die Sitten des Volkes in Irland hatte, war noch schlimmer, als der Einfluß der kirchlichen und klösterlichen Verfassung. Ein leichter Abriß davon wird dies hinlänglich zeigen.
Jede Provinz hatte ihren König, der gewählt wurde. Diese vier Könige hatten eine Menge kleiner Könige unter sich, während daß sie selbst insgesammt unter dem Hauptkönige stunden, der von den vier Provinzialkönigen erwählt wurde. Bey allen Wahlen, man mochte nun einen Haupt-König, oder Provinzialkönig, oder einen Unterkönig machen, war die Gewohnheit, ein Haupt zu wählen, das der nächste in der Würde war und zugleich als Nachfolger betrachtet wurde; und bey der Wahl dieses letztern sahe man wenig auf Erstgeburt. Man nannte ihn Thanist, und die Gewohnheit Thanistry. Man zog den Bruder des verstorbenen dem Sohne vor, und selbst der
Die Regierung von Schottland war anfangs nach dem Muster der Irischen eingerichtet; und ob sie schon dadurch, daß die Könige zum Erbrecht kamen, verbessert wurde, so finden wir
Unter einer so stürmischen Regierung ist es natürlich, daß die Künste des Friedens nur einen langsamen Fortgang hatten. Indessen hatten sie doch einigen, ehe die Dänen das Land verwüsteten und die Engländer es anfielen; allein in Schottland weiß man, in der nämlichen Zeit, von gar keinem. Ja die Iren könnten Hume herausfordern, einen Schottischen Schriftsteller vor dem fünfzehnten Jahrhunderte aufzubringen, der den Irischen Schriftstellern des sechsten und siebenten Jahrhunderte an die Seite gestellt werden könnte.
So viel für Spencers Frage! Eine andere ist: würde Spencer noch die nämliche Frage aufwerfen, wenn er jetzt lebte? Zuverlässig hat sich Irland, seit seiner Zeit, sehr geändert. Ordnung und regelmäßige Regierungsform sind auf Anarchie und Verwirrung gefolgt; und selbst die gegenwärtigen Unruhen, die sich überdies vielleicht bald enden werden, sind mehr die Unruhen eines
Es hat sich also seit Spencers Zeiten vieles geändert; die Vornehmen und Reichen haben Geschmack und ausländische Eleganz ins Land gebracht; Lektüre ist allgemeiner; Schulen sind geöffnet und verbessert; eine Universität gestiftet worden, und eine Menge Iren waren und sind eine Zierde der litterarischen Welt. Auf der andern Seite muß man nun aber wieder bedenken, daß Irland, seit Spencers Zeiten, zwey bürgerliche Kriege hatte, daß, wenn man Schulen errichtet hat, diese noch immer nur in kleiner Anzahl sind, und die Erziehung darinne so hoch zu stehen kommt, daß sie mehr für die Vornehmern und Reichen, als für das Land im Ganzen sind; daß zwar eine Universität gestiftet worden ist, aber daß sie, im Verhältnisse gegen das ganze Reich, nur eine kleine Anzahl Studirender zuläßt. (Sie erinnern sich hier, lieber Freund, der Verfassung einer Englischen Universität, wo, so wie auf der
Ich glaube, ich habe Ihnen schon vergangenes Jahr geschrieben, daß die mehresten Katholiken in Irland über alle Begriffe von Armuth arm sind; daß es wenig Mittelstände unter ihnen giebt, und daß diese Mittelstände im Ganzen so wenig Vermögen haben, daß die katholische Geistlichkeit hier so unwissend, und die Vorurtheile gegen eine protestantische Schule so groß sind, daß an keine regelmäßige Erziehung der Jugend zu denken ist. Die reichern Katholiken schicken ihre Kinder nach Frankreich, wo sie, in einer Klostererziehung, selten ihre Vorurtheile ablegen, ihren Ideenkreis wenig erweitern, und von wo sie ohne viel Geschmack für die Wissenschaften wieder zurückkommen.
Freilich hatte das Irische Parlement, in Rücksicht auf die Katholiken, seit drey und vier Jahren Grundsätze angenommen, die sehr von denen verschieden sind, die man seit hundert Jahren befolgt hat. Man widerrief einige harte Gesetze, unter denen seit Wilhelm III die Katholiken geseufzet hatten; man gab ihnen einen größern Antheil an den allgemeinen Rechten eines Bürgers, und sie würden ohne Zweifel wichtige Vorrechte erhalten haben, wären die letzten Unruhen nicht darzwischen gekommen. Männer, die genau den Geist der gegenwärtigen Zeit kennen, Parlementsglieder und andere haben mich versichert, daß die Katholiken nie vorher so schöne Aussichten hatten, und daß das, was sie vielleicht zunächst würden erhalten haben, Antheil am Kriegsdienste sey, da jezt ein Irischer Katholik nicht eine Officiersstelle bekleiden kann. Die gegenwärtigen Unruhen haben alles wieder zurück gesetzt. Die Presbyterianer und die Schaar der Unzufriedenen überhaupt möchten, um die Katholiken in ihre Parthey zu bringen, alles für sie erhalten, während daß die entgegengesetzte Parthey, unter denen Viele sonst sehr gut gegen die Katholiken gesinnt waren, aufmerksam wird, und einen völligen Umsturz der alten Verfassung des Landes befürchtet. Jeder sieht die Sache nach seinen eigenen Begriffen an. Der Mächtige fürchtet eine völlige Veränderung des Parlementarischen
Vergeben Sie mir, lieber Freund, diese Ausschweifung, die vielleicht hier nicht am unrechten Orte steht, und lassen Sie mich in dem folgenden Briefe wieder zur Litterarischen Lage von Irland zurückkehren.