Bey einer Untersuchung über den Ursprung der Iren, ist es sehr natürlich, daß man einen Blick auf die nächsten Nachbarn dieses Landes wirft, und da finden sich wieder verschiedene sonderbare Dinge. Ich habe sonst öfters gehört, daß das Wallisische mit dem Irischen viele Ähnlichkeit habe, und D. Isson, ein Schottischer Arzt, der lange in Irland lebte und jezt zu Manchester sich aufhält, sagte mir vergangenen Winter noch das nämliche. Dieses läugnet nun Vallancey schlechterdings; er sagte mir, er habe wiederholte Versuche angestellt, und durchaus gefunden, daß die Wallisische eine von der Irischen ganz verschiedene Sprache sey, und daß man sich durch die eine, in der andern schlechterdings nicht verständlich machen könne, die Insel Anglesea und die Gegend da herum ausgenommen, wo, wegen der Nachbarschaft und wegen des häufigen Verkehrs, die Wallisische Sprache etwas Ähnlichkeit mit dem Irischen zu haben scheine, welches jedoch sehr wenig sey.
Wenn dieses seine Richtigkeit hat, so ist es eine neue Bestätigung dessen, was schon von andern gesagt worden ist, daß nämlich die alten Britten und Schotten verschiedenen Ursprungs seyen. Gewiß ist es, daß nämlich diese beiden Nationen von jeher, d. h. von der Zeit an, seit der wir
Ein weit stärkerer Grund aber liegt in der Verschiedenheit der Sprache, denn die Schottische Sprache ist keine andere, als die Irische. Es ist ein Faktum, das hier jedermann weiß, daß das Schottische Landvolk, das von Port-Patrik herüber kommt, nicht nur zu Dunnaghadee {Donaghadee}, sondern auch in der ganzen Gegend umher gegen Belfast und Antrim, alle ihre Geschäfte in ihrer Sprache verrichten und von den Iren verstanden werden. Hierzu kommen noch verschiedene andere Umstände. In einem Buch von Johnson49 fand ich letzthin diese Worte: Man hat uns lange Zeit erzählt, daß sie (die Schottischen
Wenn ich sage, daß die Irische und Schottische Sprache einerley sey, so müssen Sie dieses jedoch mit einiger Einschränkung verstehen. Die Schotten haben zu allen Zeiten mehr Verkehr mit Fremden gehabt, als die Iren, und ihre Sprache hat Veränderungen erlitten, ja sie ist sich sehr ungleich von einer Provinz zur andern, d. h. sie hat mancherley Dialekte. Man nennt die Schottische Sprache überhaupt die Irische (the Earse); sie ist weniger kultivirt als die eigentlich Irische, denn diese letzte kann man buchstabieren und schreiben, da hingegen die Ersische niemals eine geschriebene Sprache war. Johnson sagt, es sey kein Ersisches Manuscript in der Welt das hundert Jahre alt sey, und daß die Sprache und die Töne der Hochländer niemals durch Buchstaben ausgedrückt worden wären, bis man einige kleine Gebetbücher übersetzt, und die Synode von Argyle, eine metrische Übersetzung der Psalmen, gemacht hätte.50 Wer also jezt in dieser Sprache schreibt, der buchstabiert sie nach seinem eigenen Gefühl des Schalles und des Tons, und nach seiner eigenen Vorstellung von dem, wie die Buchstaben ausgedrückt oder ausgesprochen werden müssen. Er fährt denn fort und behauptet, daß die Ersischen
Daß das Ersische mancherley Dialekte hat, hab ich schon erinnert, und die Worte, die auf einer Insel (western Islands of Scotland) gebräuchlich sind, sind nicht immer, wie Johnson sagt, auf andern Inseln bekannt. Er bemerkt hierauf, daß in civilisirten Sprachen, so sehr auch ihre Dialekte in verschiedenen Provinzen abwechseln mögen, eine geschriebene Sprache existirt (a written diction) welche über alle Dialekte
Ich habe schon einmal gesagt, daß Hibernia ein neuerer Name sei, und daß Irland, ehe es diesen Namen bekam, Scotia hieß. Diese letztere Benennung ist die Ursache, warum man das heut zu Tage sogenannte Schottland so oft mit Irland verwechselt hat, ein Umstand, der gewiß nicht wenig darzu beytrug, den Iren ihr Alterthum zu nehmen. Caledonia oder vielmehr Albania, kurz das Land, welches wir Schottland nennen, und welches viele hundert Jahre von den Nachkommen des Fergus, eines Bruders des Irischen Monarchen regiert worden war, bekam erst in spätern Zeiten den Namen des kleinern oder neuen Schottlands.52 Hiervon aber findet sich kein Beispiel früher, als im eilften Jahrhunderte, und Irland behielt noch immer den Namen Scotia, mit dem Zusatze, das größere oder alte,53 und das bis ins funfzehnte Jahrhundert. Der Erzbischoff Usher beweißt alles dieses klar, und behauptet, daß man keinen Schriftsteller vor dem eilften Jahrhundert finden könne, der unser jezt sogenanntes Schottland jemals unter dem Namen Schottland anführte..
Es sind nun fast zweyhundert Jahre, seit der Erzbischoff die Gelehrten herausfordert, das Gegentheil zu zeigen, und Niemand hat es in dieser Zeit unternommen. Im Gegentheil haben andere seine Meinung bestätigt, als Camden, Scaliger, Stillingfleet, Dupin, Prideaux, Rapin, Warner, Whitaker54 und kurz alle, die über diesen Gegenstand geschrieben haben. Usher war ein Ire! Man hatte einen Angriff auf das Alterthum seines Vaterlandes gethan, und dies vermuthlich bewog ihn, diesen Punkt so weitläufig und mit so viel Genauigkeit zu behandeln.
Dempster, ein Schotte, hatte sich bemüht, durch die doppelte Bedeutung des Wortes Scotia die Sache zu verwirren. Er schickte dem Philipp Ferrarius ein Verzeichnis von Schottischen Namen, um das Römische Martyrologium damit zu bereichern.55 Aber der Italiener entdeckte den Betrug, und ließ eine Nachricht vor sein Werk drucken, in der er den Leser warnt, und sagt: daß er von andern Schriftstellern verleitet, einige Irische Heilige zu Schotten gemacht habe, daß er durch den Namen hintergangen worden sey, weil Irland ehemals Schottland geheissen, und die Iren Schotten, wie wir das aus dem Orosius, Prospero, Isidorus, Cogitosus, Adamnanus, Jonas Abbas und allen
Ich muß Ihnen noch eine andere Stelle, die sehr merkwürdig ist, ausziehen. Sie ist aus einer Rede, die der König Jakob I. hielt,
Aber da kommt ein anderer Schotte, dem das Alterthum seines Landes am Herzen liegt, und der, weil er weder in den Schriftstellern seines Landes, noch in Auswärtigen, genugsame Zeugnisse dafür findet, alle Zeugnisse über den Haufen wirft, und die abgeänderten Gedichte eines Irischen Barden der Welt für wahre Geschichte gibt.
Herr Mac-Pherson versichert, daß Fordun der erste war, der die Bruchstücke Schottischer Gedichte sammelte, die der barbarischen Politik Edward I. entgingen; (Edward I. eroberte Schottland am Ende des dreyzehnten Jahrhunderts, und verbrannte alle öffentlichen Akten.) daß Fordun allen nationalen Vorurtheilen seiner Zeit anhing, und nicht vertragen konnte, daß sein Land in Rücksicht auf Alterthum, England nachstehen sollte; daß er sich, weil er keine Schottischen
Auf diese Art schneidet Mac-Pherson die Zeugnisse aller Schottischen Schriftsteller bey der Wurzel ab. Aber wo in der Welt waren doch Ossians Gesänge damals, als Fordun, aus National-Vorurtheilen sich nach Irland wandte, um den Mangel an Materialien in Schottland zu ersetzen? Würden sie nicht dem Fordun äusserst willkommen gewesen seyn, und zu dem nämlichen Zwecke gedient haben, zu dem sie Mac-Pherson braucht?
In seinen Abhandlungen, die vor Fingal und Temora stehen, sagt er: Da der Gebrauch, Barden und Senachien zu halten, beiden Völkern gemein war, so hatte gewiß jedes sein eigenes
Hiermit wäre denn erwiesen, daß das Irische System die Erfindung des dreyzehnten Jahrhunderts war. Auch räumt er ein, daß es allgemein angenommen war, und das aus dem guten Grunde, weil man kein anderes hatte. Da er dies so freygebig eingesteht, so scheint es fast, als wolle er die Erfindung des Caledonischen Systems sich selbst anmassen; allein er hätte aufrichtig gestehen sollen, daß es ein glücklicher Gedanke des vergangenen Jahrhunderts war. Die ganze Sache verhält sich kürzlich so.
Fordun sammelte, im vierzehnten Jahrhunderte, den kleinen Rest von Alterthümern, der der allgemeinen Verheerung unter Edward I. entgangen war, und jedermann räumt ein, daß, ausser dem, was im Kloster Hy-Columb-cil war, schwerlich irgend etwas gerettet worden. Im funfzehnten Jahrhundert stellte der Bischoff Elphinstone, Kanzler von Schottland, die genannten Untersuchungen über alte Akten an, allein er machte so wenig aus dem, was er fand, daß er uns ganz kurz an die alten Irischen Schriftsteller verweist.58 John Major hegte die nämliche Meinung über den Ursprung der Schotten. Er lebte im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts,
Dempster fand wenig Beifall, und selbst Sir George Mac-Kenzie wollte ihm nicht folgen, ob er es schon für nöthig fand, gewisse Theile der irischen Geschichte anzufechten, um die Königliche Linie zu verlängern, und für die Ehre seines Monarchen zu beweisen, daß er von souverainen Prinzen, und nicht von Provinzialkönigen abstamme. Sir George gibt zu, daß die Brittischen Schotten aus Irland kamen. Und dies räumt auch Innys ein, dessen Bemühungen dahin gehen, das Verzeichniß der Caledonischen Könige eher zu verkürzen, als zu verlängern.
Was bleibt also für die Unterstützung eines Systems übrig, das allgemein verworfen ist, als der Geist, die Schreibart und die Gelehrsamkeit des Herrn Macpherson? Allein er widerspricht sich selbst! Zuerst sagt er: beide Nationen sind über das Hibernische System überein gekommen. Dann: Die Schotten wurden damit
Manchmal nimmt er auch zur Sprache seine Zuflucht, und verschanzt sich hinter Irischen Worten. Allein selbst Jemand, der gar nichts von dieser Sprache versteht, kann, mit ein wenig Aufmerksamkeit, den Irrthum entdecken. So sagt er z. E. daß die Iren ihre Sprache Gaëlic-Erinach nennen. Dies ist aber ganz falsch, denn sie sagen einstimmig, daß die Iren sowohl aus Alt- als aus Neu-Schottland ihre Sprache Gaëlic genannt haben, ohne weitern Zusatz. Man findet wohl, daß ein Schotte Albanach-Gaël, d. h. ein Schottischer Ire, und ein eigentlicher Ire Gaël schlechtweg genannt wird; aber man findet nicht, daß die Irische Sprache selbst mit dem Zusatze benannt wird. Vallancey hat dies weitläufig gezeigt.
Nun gibt es noch einen Umstand, der grosses Licht über die Sache verbreitet! Ossians Gesänge sind den ursprünglichen Iren eben so bekannt, als Herr Macpherson behauptet, daß sie
Herr Macpherson führt unter andern auch eine Nachricht an, die einmal in einer Irischen Zeitung stund, und worinnen gesagt wurde: daß der Irische Fingal bald erscheinen werde, daß die Schottische Übersetzung voller Fehler sey, und daß man also das Publikum ersuche, mit dem Ankaufe zu warten. An eine solche Übersetzung ist nun aber nie in Irland gedacht worden. Man hat oft darüber nachgefragt und Untersuchungen angestellt, und Vallancey, der jeden Gelehrten der Irischen Sprache kennt, versichert, daß er nie das Geringste davon gehört habe. Im Gegentheil sagt er, daß Ossians Gedichte lauter kurze Balladen sind, die noch niemals ganz zusammen gesammelt worden.
Auch hat man gesagt, daß das Celtische Original von den vier ersten Büchern von Fingal, auf der Insel Sky {Skye} sey gesehen worden, mit dem Datum 1403. Johnson stellte, als er diese Insel bereißte, die genauesten Untersuchungen darüber an, und das Resultat davon war, was ich Ihnen schon in einem der vorhergehenden Briefe geschrieben. Man hat kein anderes Manuscript, als die Irische Bibel, und alle Ersische Manuscripte sind nicht über hundert Jahr alt. So viel ist gewiß, daß Macpherson das Celtische Original niemals irgend Jemanden gezeigt hat. Doch ich habe kürzlich gehört, daß er den ganzen Betrug endlich eingestanden habe.
Lord Kaims61 vertheidigt Ossians Authenticität, aber auf eine Art, daß man kaum weiß, ob er scherzt oder im Ernste redet. Er nimmt zu Wunder und Eingebung Zuflucht, um die Delikatesse und verfeinerten Gefühle zu erklären, die man in Rücksicht aufs weibliche Geschlecht in diesen Gesängen findet. Jedermann weiß, wie die Schottischen Hochländer noch jezt dieses Geschlecht behandeln! Sie brauchen die Weiber zu den niedrigsten Hausgeschäften, ja sie müssen sogar, gleich Lastthieren, den Mist austragen, und eine Menge Dinge thun, für die sich das männliche Geschlecht zu erhaben dünkt.
Und was ist der Schluß von dem allen? Was ist Ossian und seine Gesänge? Ossian, der Mann ist kein Hirngespinste Macpherson's, obschon das Buch eine Erfindung ist. Der Mann hat wirklich existirt, er war ein Irischer Barde und Held, der im Norden von Irland lebte, und dessen Namen, durch die Tradition sich bis heut zu Tage unter dem Volke erhalten hat. Man hat noch Gesänge von ihm in der Irischen Sprache, allein es sind lauter einzelne, unzusammenhängende Stücke, die vom Vater auf den Sohn fortgepflanzt worden. Einige derselben sind vermuthlich hinüber nach Schottland unter die Hochländer gekommen, besonders in den Grafschaften Perth und Argyle, und um den See Lough Neß und Lomond herum, wohin Macpherson die Scene von Ossian verlegt. Macpherson hat vermuthlich solche abgebrochene Stücke gehört, hat sie sich dictiren lassen, und auf seine eigene Art niedergeschrieben. Dies ist vielleicht die erste Grundlage zu dem Ossian, den wir nunmehro haben, der uns so lieb und theuer ist, den die Deutschen dreymal übersetzt haben, und den selbst die Franzosen goutiren. Vallancey sagt, daß wenn man Macphersons Ossian genau untersuchte, so finde man, daß er eine Compilation der Bibel, des Homers, des Callimachus und verschiedener andern der ältesten Schriftsteller sey, mit dem zusammengesetzt, was
Darum werde ich nun den lieben Vater Ossian nicht mit wenigerm Vergnügen lesen, als sonst; allein das ist gewiß, daß die Einbildungskraft nunmehro weniger hat, worauf sie arbeiten kann. Die Scene war so lieblich und so romantisch, und wir fühlten so etwas von einem Gefühle, das uns nur wahre Geschichte und wirkliche Existenz einflößen kann. Ich besinne mich, daß einst einige Deutsche sagten, daß ihr Gefühl ihnen Beweiß genug für Ossians Authenticität sey, und daß, was man auch immer dagegen sagen möchte, sie überzeugt wären, daß Niemand im achtzehnten Jahrhunderte so schreiben könne. In der That dachte ich lange selbst so; allein gegen klare Beweise und gegen Thatsachen muß am Ende auch das innere Gefühl weichen, und Herr Macpherson mag denn alle den Ruhm für seine Gedichte einärndten, den sie verdienen.
Dies muß ich Ihnen noch erzählen, daß Vallancey sagt (ich hab' es aus seinem eigenen Munde) daß die ganze Scene Ossians, die Macpherson in die Schottischen Hochländer zu verlegen dachte, wirklich in Irland existirt. Die Namen der Berge und Gegenden, die in unserm Ossian vorkommen, sind noch heut zu Tage die