Die Welt gehört hier zu Lande den Reichen und Großen! So hab ich schon unzähligemal bey mir selbst ausgerufen: Und ob schon dieser Satz so ziemlich in den mehresten Ländern wahr ist, so hab ich ihn doch nirgends so auffallend gesehen, als hier. Die Großen und Reichen haben hier ungeheure Striche Landes, und diejenigen, die es bauen, leben in der äussersten Armut. Wer einen Estate d. h. ein Gut, oder einen Strich Landes hat, verpachtet einen Theil davon an einen Landwirth oder Pachter, der gewöhnlich schon ein gewisses Vermögen hat. Dieser wird öfters sehr reich, kauft sich eigene Güter, und lebt auf den Fuß eines Gentleman, erzieht seine Kinder dem zu Folge, und wird manchmal mit der Zeit ein Parlements-Glied. Die größern
Hier läßt Lord T** fast alles, was im Parke liegt, durch eigene Leute besorgen, an deren Spitze ein Pachter steht, der sein Haus mit vielen Nebengebäuden im Parke hat. Das Übrige ist theils in größern, theils in kleinern Stücken verpachtet, zum Theil an Arme, die der Lord nie zu sehen bekommt, und die er nicht kennt, weil alles durch einen Intendanten besorgt wird.
Ich bin mit Fleiß in verschiedene dieser Hütten gegangen, die auf diesen weitläufigen Gütern zerstreut liegen. Denken Sie sich eine niedrige Mauer von Leim {Lehm} ins Gevierte, oben mit dünnen Balken belegt, welche mit Stroh
Nebengebäude gibts keine; denn da das Klima äusserst mild ist, so lebt alles Vieh, Sommer und Winter, unter freiem Himmel. Wird irgend eins krank, nun so nimmt man es ins Haus. Das Heu wird in großen Schobern aufgehäuft und bleibt unter freiem
Auf diese Art lebt hier der niedere Landmann, geht barfuß, wenig und schlecht bekleidet, und nährt sich mit Erdäpfeln, Käse und Milch. Mit dem, was er von seiner Viehzucht gewinnt, bezahlt er den Pacht, und das Übrige vertrinkt er in Whisky, einer Art Kornbrandtewein. Bey dem allen ist er nichts weniger als unglücklich. Im Gegentheil, seine Lage schient ihm zu behagen: er ist unthätig und gibt sich nicht die geringste Mühe, durch bessere Anbauung des Landes seinen Zustand zu verbessern. Den Neid kennt er nicht; denn seine Nachbarn leben wie er, und die Reichen liegen zu sehr außer seinem Kreise, als daß er an sie hinauf denken sollte. Er schlendert ganz gelassen durch den schönen Park des reichen Güterbesitzers und denkt an keine Vergleichung.
Überhaupt ist es eine allgemeine Bemerkung, daß der eingeschränkte Mensch, (und vielleicht die mehresten Menschen überhaupt) selten weit über seinen Stand hinausschaut. Unser Nachbar, unser Bekannter erregt unsern Neid, nicht der Fürst und die Großen der Erde, die der gewöhnliche Mensch mehrentheils als ganz ausser seinem Kreise betrachtet. Ein guter,
Der Anblick und der ganze Zustand dieser armseligen Menschen, von einer andern Seite betrachtet, gibt mir oft Veranlassung, eine Vergleichung zwischen ihnen und den Großen des Landes, unter denen sie leben, anzustellen, und ich finde aufs Neue die Bemerkung bestätigt, die ich seit der Zeit in mir herumtrage, seitdem ich viele der glänzenden Classen des Lebens gesehen habe.
Ich weiß nicht, warum ein grosser Theil unserer Gottesgelehrten in allem, was ihnen vorkommt, ohne Unterlaß auf eine andere Welt verweisen! Reichthum und Armuth, anscheinendes Glück, Ungerechtigkeit auf der einen, und Duldung auf der andern Seite, Beraubung und Genuß alles, alles soll in jener Welt gleichgemacht, compensirt werden. Daß ist alles wahr, und ist auch ein ganz kurzer Weg den Knoten aufzulösen. Allein ich glaube, daß wenn wir die Dinge dieser Welt genau betrachten, wenn wir Gelegenheit haben, uns in allen den verschiedenen Ständen des
Ich habe mancherley Betrachtungen darüber angestellt, wenn ich auf den weitläuftigen Gütern des Grafen spazieren reite, oder fahre, und die Menge von elenden, oft nur halb gekleideten Menschen sehe, die mit entblößtem Haupte da stehen, wenn der glänzende Wagen, oder das stolze Pferd, vor ihnen dahin fliegt. Welch ein Unterschied! Die einen leben im äussersten Überflusse, wohnen in prächtigen Sälen, kleiden sich in die besten Stoffe, raffiniren über ihre Tafel, und setzen die vier Welttheile in Contribution, um ihren Sinnen zu schmeicheln. Den andern fehlt es an allem; sie nähren sich mit Erdäpfeln und Buttermilch, oder mit bloßem Wasser; denn oft können sie die letzte nicht erschwingen. Und doch bin ich fest überzeugt, daß unter diesen Elenden mancher ist, der wahrhaft glücklicher ist, als irgend jemand von uns.
Mangel und Bedürfniß sind ein Wort, die Sache selbst existirt blos durch Vergleichung, und
Daß dieser Elende nicht auch manche wahre Leiden haben sollte, ist freilich nicht zu vermuthen; auch sey der Gedanke ferne von mir, daß irgend jemand mit ihnen würde tauschen wollen. Ich wollte blos sagen, daß zwischen diesem Elenden und dem, den ein anderer beneidet, kein so ungeheurer Unterschied sey, so bald man wahre Glückseligkeit und Leiden gegen einander abwiegt.
Der Irische Landmann darf keinesweges, zur Entschuldigung seiner Trägheit vorschützen, daß das Land, das er baut, nicht sein eigen ist. Diese Entschuldigung fällt weg, sobald man weiß, daß die Pachte auf dreyßig, vierzig, funfzig, ja auf hundert Jahre geschlossen werden. Man hat mich versichert, daß der Englische Herzog von Devonshire Pachter hat, die seit mehr als zweyhundert Jahren auf seinen Gütern leben; und, was noch mehr erstaunenswürdig ist, er hat den Pacht-Contrakt nicht geändert; wenigstens war es so vor einer gewissen Anzahl von Jahren. Man gab ihm da 50,00 Pf. aus Gütern, aus denen er 80,000 hätte ziehen können. Manche Englische Familien zeigen hierinnen einen
Auf einem Spazierritte zeigte mir ein Gutsbesitzer ein großes Stück Land, und sagte: In zwey Jahren denk' ich dieses für 400 Pf. zu verpachten, gegenwärtig bekomme ich jährlich nicht mehr als zehn dafür, weil mein Großvater es auf neunzig Jahre verpachtet hat. Die Familie, die es gepachtet hat, ist seitdem reich dadurch geworden, lebt nun auf eigenen Gütern in einem großen, schönen Hause, und hat diesen Strich Landes an eine Menge armer Leute verpachtet.
Ich erinnere mich nur kürzlich gelesen zu haben: The distribution of property in Ireland is more unequal than in England or America.16 Schon in England haben die Reichen zu viel liegende Gründe, und die Armen zu wenig, und in Irland ist der Unterschied noch viel auffallender. Ich glaube nicht, daß es in Sachsen eine Familie gibt, die jährlich 4,000 Pf.
Nach allem, was ich Ihnen nun vom Landbau und den niedern Landleuten in Irland gesagt habe, müssen Sie doch nicht glauben, daß dies der Zustand des ganzen Landes, ohne Ausnahme, ist. Nein, im Norden sieht es um ein gutes besser aus. Die Ursache ist in der Geschichte zu finden. Durch die Kriege, welche Elisabeth, und ihr Nachfolger, Jakob I. gegen die katholischen Iren führten, fielen der Krone 511,465 acres Land anheim, in den Grafschaften Donnegal, Tyrone, Colerain, Fermanagh, Carvan {Cavan} und Armagh. Die Papisten wurden größtentheils