Electronic edition compiled by Beatrix Färber and Sara Sponholz
Funded by School of History, University College, Cork
1. First draft, revised and corrected.
Extent of text: 2965 words
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Text ID Number: D302011
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CELT: Corpus of Electronic Texts
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Created: Rudolf Thurneysen. (1901)
Beatrix Färber (ed.)
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Über Leinster herrschte einst ein berühmter König Ronan Aeds Sohn. Und Ethne, die Tochter Cummascachs, des Sohnes Eogans, von den Desi in Munster war seine Frau. Sie brachte ihm einen Sohn, Mael-Fothartig, zur Welt. Dieser war der herrlichste Knabe, den es je bei den Lagnern gegeben hat.
Um ihn geschart hielten sie Zusammenkünfte und Heerlager, Spiele und Versammlungen, Kämpfe und Wettschießen ab. Und er war beliebt bei allen Mädchen und Frauen.
Als Ethne starb, lebte Ronan lange Zeit ohne Frau.
Warum nimmst du dir keine Frau? fragte ihn eines Tages sein Sohn. Es ginge dir besser, wenn du eine Frau hättest. Ich hörte, Eochid, der König der Sobirche-Burg im Norden, habe eine schöne Tochter, sagte da Ronan. Du bist kein Mann für ein junges Mädchen, erwiderte der Sohn. Warum suchst du dir nicht eine passendere Frau? Die stünde dir besser an als ein junges umherspringendes Ding.
Es war aber nicht möglich, den König von seiner Idee abzubringen. Er ging nach dem Norden und teilte das Lager mit Eochids Tochter, dann nahm er sie mit. Als sie ankamen, befand sich Mael-Fothartig auf einem Rundgang durch Süd-Leinster.
Wo ist dein Sohn, Ronan? fragte sie. Man erzählte mir, du hättest einen vortrefflichen Sohn.
Ja, das stimmt, erwiderte Ronan, er ist der beste Sohn in Leinster.
Laß ihn zu mir rufen, daß er mich begrüße, wie auch mein Gefolge und meine Besitztümer und Schätze.
Gewiß wird er kommen, sagte Ronan.
Darauf kehrte Mael-Fothartig zurück und begrüßte sie herzlich.
Ich werde dich verehren, sagte der junge
Der neuen Königin diente eine hübsche junge Frau. Die sandte sie alsbald mit Anträgen zu Mael-Fothartig. Aber die Frau wagte nicht, aus Angst, er werde sie töten, die Anträge auszurichten. Da drohte die Königin, ihr den Kopf abschlagen zu lassen, wenn sie nicht spreche.
Einst spielte Mael-Fothartig Schach mit seinen zwei Milchbrüdern, Donn und Congal, den Söhnen seines Pflegevaters. Diese beiden waren stets um ihn. Da trat die junge Frau zu ihnen und beteiligte sich an ihrem Spiel. Mehrmals versuchte sie zu sprechen, aber sie wagte es nicht und wurde rot. Das bemerkten die beiden Männer. Als Mael-Fothartig hinausging, fragte Congal die Frau: Was möchtest du sagen?
Nichts, erwiderte sie. Aber Eochids Tochter möchte Mael-Fothartig zum Geliebten haben.
Sprich nicht so, Frau! sagte Congal. Wenn Mael-Fothartig dich hört, bringt er dich um. Aber, wenn du möchtest, werd ich für dich bei ihm ein gutes Wort einlegen.
Das erzählte die junge Frau der Königin. Mir ist's recht, sagte diese. Denn wenn du mit ihm zusammen bist, wirst du zu sprechen wagen, und dann vertritt aber meine Sache gut bei ihm!
So geschah es. Die junge Frau schlief mit Mael-Fothartig.
Nun denn, sagte die Königin. Wahrscheinlich willst du jetzt für mich bei ihm kein gutes Wort mehr einlegen, da du ihn lieber für dich allein hast. Also laß ich dich umbringen!
Da sah Mael-Fothartig eines Tages, daß die Frau weinte. Was hast du? fragte er. Eochids Tochter droht, mich umzubringen, weil ich nicht ihre Sache bei
Deshalb fuhr er mit fünfzig Kriegern nach Schottland, wo er vom König herzlich empfangen wurde. Der besaß besondere Jagdhunde für Hasen, Schweine und Hirsche. Aber die beiden Hunde Mael-Fothartigs, Doilin und Dathlenn, waren immer vor diesen Hunden am Wild. Und alle Kämpfe und Schlachten, aus denen der König von Schottland als Sieger hervorging, gewann Mael-Fothartig für ihn.
Warum, Ronan? fragten die Lagner, hast du Mael-Fothartig außer Landes geschickt? Wir bringen dich um, wenn er nicht zurückkommt! Als Mael-Fothartig das berichtet wurde, kehrte er aus dem Osten zurück.
Er nahm seinen Weg über die Sobirche-Burg. Dort begrüßte man ihn herzlich. Es ist sehr unfreundlich von dir, Mael-Fothartig, daß du unsere Tochter verschmähst. Für dich, nicht für den alten Mann war sie bestimmt. Ihr tut ihm Unrecht! sagte Mael-Fothartig.
Er kam zu den Lagnern und wurde herzlich empfangen. Und die gleiche junge Frau teilte wieder das Lager mit ihm.
Verschaff mir den Mann! befahl Eochids Tochter ihrer Gefährtin. Oder ich laß dich töten.
Und wieder berichtete sie Mael-Fothartig vom Begehren der Königin.
Was kann ich dagegen tun, Congal? fragte dieser seinen Milchbruder.
Wenn du dich erkenntlich zeigst, will ich dir das Weib fernhalten, so daß sie nicht mehr an dich denken wird, erwiderte Congal.
Ich werde kommen, sagte die Königin zu ihrer Gefährtin. Sie konnte kaum den Morgen erwarten. Als sie am anderen Tag zum Treffpunkt kamen, trat ihnen Congal entgegen.
Wohin, du Dirne? fragte er. Es ist nicht gut für dich, allein umherzustreifen, es sei denn, du willst dich mit einem Manne treffen! Pack dich und nimm meinen Fluch mit dir! Und er begleitete sie bis zu ihrem Haus.
Als sie umkehrte und abermals auf sie zukam, rief Congal: So? Du willst dem König von Leinster die Schamröte in die Wangen treiben, elende Dirne? Wenn ich dich noch einmal sehe, schlag ich dir den Kopf ab und bringe ihn auf einem Pfahl zu Ronan. Und er drohte ihr mit dem Pferdestachel, bis er sie wieder im Haus wußte. Ich werde dir schon noch einen Schluck Blut in den Mund bringen, sagte sie.
Ronan kam nach Hause. Mael-Fothartig hingegen war noch auf der Jagd, nur seine Begleiter waren schon zurückgekehrt.
Congal, wo ist Mael-Fothartig heut abend? fragte Ronan sogleich.
Er ist noch draußen, erwiderte Congal.
Wie kann man meinen Sohn draußen allein lassen? Er tut doch stets nur Gutes!
Da kehrte Mael-Fothartig zurück und stellte sich ans Feuer, um sich zu trocknen. Congal saß in seiner Nähe, sein Narr, Mac Glass, vollführte mitten im Haus Kunststücke. Da es ein kalter Tag war, sang Mael-Fothartig:
Jetzt hör zu, Ronan! sagte sie. Sing das noch einmal!
- Kalter Sturmwind umwütet
den, der die Kühe des Abhangs hütet.
Sie ergänzte:
- Kalter Sturmwind umwütet
den, der die Kühe des Abhangs hütet.
- Und das Hüten ist dem vergällt,
dem sowohl Kuh wie auch Liebchen fehlt.
Und Aedan bohrte seinen Speer in Mael-Fothartig, der am Feuer mit dem Rücken zu ihnen stand, daß die Spitze durch ihn hindurchdrang und er zusammenbrach. Und als sich nun Congal erhob, stieß ihn Aedan den Speer durchs Herz. Da lief der Narr hinaus, doch Aedan schleuderte auch nach ihm seinen Speer, so daß der ihm die Eingeweide herausriß.
Du verschaffst dir reichlich Bewegung mit den Männern, Aedan! sagte da der schwer getroffene Mael-Fothartig.
Was habt ihr euch gedacht, rief Ronan wütend, könntet ihr euch für die Buhlerei keine andere Frau suchen als die Königin!
Du bist elend betrogen worden, erwiderte der junge Mann, wenn du deinen einzigen Sohn, den keine Schuld trifft, umbringen läßt. Bei deiner Würde und bei dem Stelldichein, zu dem ich nun gehe, beim Stelldichein mit dem Tod, meine Schuld, an Buhlerei mit ihr auch nur gedacht zu haben, ist nicht größer als die, mit meiner eigenen Mutter geschlafen zu haben! Höre aber, seit diese Frau in unser Land gekommen ist, macht sie mir Anträge, und heute mußte sie Congal dreimal davonjagen, damit sie mich in Ruhe ließe. Congal stirbt völlig schuldlos!
Jetzt trug ein Rabe Eingeweide des Narren auf die Schloßbrücke, und da verzog der Narr den Mund, so daß das umherstehende Volk lachte. Da schämte sich Mael-Fothartig und sagte:
- Mac Glass,
hüte deine Eingeweide!
Kennst du schon kein Schamgefühl,
mach den Leuten nicht noch Freude.
Donn, der Milchbruder Mael-Fothartigs und Bruder Congals, zog nun mit zwanzig Reitern zur Sobirche-Burg, um Eochid zu sagen, seine Tochter sei mit Mael-Fothartig auf der Flucht, er möge ihnen bis zur Landesgrenze entgegenreiten. Schließlich schlugen sie Eochid wie auch seinem Sohn und seiner Frau den Kopf ab. Und Ronan, der unter dem Kopf seines Sohnes lag, sprach:
- Kalter Sturmwind umwütet
den, der die Kühe des Abhangs hütet,
und das Hüten ist dem vergällt,
dem sowohl Kuh wie auch Liebchen fehlt.
- Kalt geht der Wind
draußen vor dem Hause der Krieger.
Treue Krieger! Denn sie standen
stets zwischen dem Wind und mir.
- Schlafe, Tochter Eochids!
Zornig ist des Windes Schärfe.
Furchtbar, daß man Mael-Fothartig
wegen einer tollen Frau erschlug!
Und Eochids Tochter sprach:
- Schlafe, Tochter Eochids!
Freude bringt mir nicht dein Wachen,
seh ich doch den lieben Sohn
tot in diesem Hause liegen!
Und Ronan fuhr fort:
- Armer Toter dort im Winkel,
den stets viele Augen suchten,
allzusehr hat seit der Rückkehr
meine Wollust dich geplagt!
Da kam Donn herein und warf ihr die Köpfe des Vaters, der Mutter und des Bruders zu. Sie aber stand auf und stürzte sich in ihren eigenen Dolch.
- Schlafe, Tochter Eochids!
Narren sind wir Menschen nicht!
Sieht man dich auch weinend sitzen,
meinen Sohn vermißt du nicht!
- Eochid blieb ein einziges Hemd,
jetzt trägt er der Schwachheit Kleid.
Herrscht in der Nass-Burg schweres Leid,
herrscht es auch in Dun-Sobirche.
- So gebt wenigstens Speise und Trank
dem Hunde von Mael-Fothartig!
Und ein anderer bringt auch
für Congals Hund die Speise!
- Krieger, Männer und Pferde,
die zu Mael-Fothartig gehörten,
keinem neideten sie Nahrung,
als ihr Herr noch war am Leben.
- Krieger, Männer und Pferde,
die zu Mael-Fothartig gehörten,
freudig stürmten sie
vom Felde her im Pferdewettlauf.
- Krieger, Männer und Pferde,
die zu Mael-Fothartig gehörten,
häufig ließen sie erschallen
nach dem Sieg den Jubelruf.
- Waren Mael-Fothartigs Gefährten
würdig zwar ich leugne es nicht
gut beschützten sie den nicht,
der aus jeder Not sie löste.
- Er, mein Sohn, Mael-Fothartig,
der sich oft im Walde aufhielt,
stiegen Prinzen ab und Könige,
wohl bewirtet waren sie bei ihm.
- Er, mein Sohn, Mael-Fothartig,
fuhr durchs küstenreiche Schottland,
war ein Krieger unter Kriegern,
siegreich überwand er sie.
- Er, mein Sohn, Mael-Fothartig,
der die Kraft der Heere war,
er, der schöne stolze Kämpfer,
ging zur kalten Wohnung ein!
Nun versammelten sich die Lagner um Ronan und hielten die Totenklage ab. Man warf den König zu Boden und Aedan, der Mörder, wurde verfolgt. Die beiden Söhne Mael-Fothartigs, Aed und Mael-Tuile, holten ihn ein. Und Aed schleuderte seinen Speer nach ihm, und Aedan brach schwer getroffen zusammen.
Laßt mich aufstehen, ihr Männer, bat Ronan nun, wenn ihr mich nicht töten wollt. Ist der Mann tot?
Er ist tot, antworteten sie.
Wer hat ihn getötet? fragte Ronan.
Aed.
Hat ihn Mael-Tuile auch getroffen?
Nein.